1,5 Millionen Unterschriften zwingen Regierung zum Umdenken

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In allerletzter Minute hat sich die Regierung dem Druck aus dem Volk doch noch beugen müssen. Rajoys Partei stimmt der Gesetzesinitiative zu, die aufgrund von knapp 1,5 Millionen Unterschriften zustande kam, die die „Plattform Hypotheken-Geschädigte“ (PAH) gesammelt hat. Noch zwei Stunden vor der Sitzung hatte die Partido Popular versichert, sie werde die Initiative abschmettern, was den Tod des Projekts zur Folge gehabt hätte, weil die Regierungspartei über die absolute Mehrheit verfügt.

Dann, mitten in der Parlamentssitzung, der Schwenk. Alle anderen Parteien hatten der Gesetzesinitiative aus dem Volk bereits zugestimmt, als Alfonso Alonso (PP) den Standpunkt der Regierung vertreten sollte. Und siehe da, der Satz des PAH-Sprechers vom selben Morgen, zeigte Wirkung: „Wenn weit mehr als eine Million Unterschriften ignoriert werden sollten, gibt es keine Demokratie!“ – Der Regierungsmann sorgte rundherum für Überraschung, als er ankündigte, auch Rajoys Partei werde die Initiative unterstützen, die in der Summe drei Dinge fordert:

1. Aussetzung von Zwangsräumungen.

2. Mit der Rückgabe der Immobilie sollen die Schulden bei der Bank erledigt sein, auch rückwirkend.

3. Schaffung eines Parks von mietgünstigen Wohnungen über die 6.000 hinaus, die die Regierung angekündigt hatte.

Und nach der Überraschung kam der Satz, den sich jeder gut merken sollte! Er stammt von Teodoro Matos aus der Regierungsmannschaft von Mariano Rajoy. Stolz, in den Gesichtern rundherum Überraschung über den Meinungsumschwung zu sehen, rief er aus:  „Die PP wird das tun, was noch keine Regierung getan hat, sie wird sich an die Seite der Bürger stellen!“ – Diesen Satz darf man getrost noch ein paarmal langsam genüsslich lesen, damit die Botschaft wirklich durchdringt und es auch der Letzte begreift! Danach sprach Matos die Sprecherin der PAH-Volksinitiative direkt an: „Señora Ada Colau, wir gehen mit Ihnen denselben Weg.“

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Wenn der Regierungsmann geglaubt hatte, jetzt Applaus und Popularität abgesahnt zu haben, wurde er sofort eines Besseren belehrt. Oben von der Tribüne schallten ihm aus dem Publikum die „Raus, raus raus!“-Rufe entgegen und ein paar Freundlichkeiten, die hier nicht reproduziert werden sollen. Danach liess der Präsident die Tribüne räumen, was nur mit einem deutlichen Tumult und unter weiterer Politiker-Beschimpfung zu erreichen war. Wenn die PP geglaubt hatte, mit ihrem Umdenken bezüglich der Gesetzesinitiative Sympathien eingefahren zu haben, war die Partei nun wesentlich schlauer. Eher hatte die ziemlich unverhohlene Drohung der PAH-Sprecherin im Vorfeld Wirkung gezeigt. Ada Colau: „Wir weren und die Namen und Gesichter derjenigen, die gegen das Projekt stimmen, genau merken – und wir werden sie finden, egal wo sie sich in Spanien blicken lassen, und sie genau wissen lassen, was wir von ihnen halten!“

Auch wenn die PP heute wahrlich keinen Dank erntete, ist es dennoch wichtig, dass die Regierungsmannschaft gezwungen worden ist, sich mit dieser Gesetzesnovelle zu befassen und auf die Linie der PAH-Forderungen einzuschwenken. Das sollten sich alle diejenigen Couch-Potatoes merken, die ihre fehlendes persönliches Engagement immer mit dem weinerlichen Satz „Man kann ja doch nichts machen …“ erklären wollen und sich die Botschaft hinter die Löffel schreiben: Es wird nie alles klappen, aber Manches eben doch – und wer nicht kämpft, hat schon verloren!

33 Kommentare zu “1,5 Millionen Unterschriften zwingen Regierung zum Umdenken

  1. Axel sagt:

    Herzlichen Glückwunsch ……. die Macht kommt eben vom Vok, wenn es seine Überlegenheit der Masse, durch seine Masse nutzt (wzbw)

    „was zubeweisen war“ . …..quod erat demonstrandum, – das kennen wir alle noch aus der Schule ….. ein logischer, mathematischer oder ähnlicher Beweis wird immer mit diesen worten abgeschlossen !

    PS.: …. es liegt die Vermutung wirklich nahe, dass die Demokratie, welche in Griechenland begann, zwar in unseren Tagen gesamtheitlich für Europa zusammenbrach und dann ihre neue Geburtstätte in Spanien fand ….. denn dieses ist nicht nur ein Sieg, sondern nunmehr bestrebt durch diesen Etappensieg, der Beginn von ALLEM NEUEN …..

    Jedem Menschen und Bürger konnte nunmehr lehrbuchhaft vor Augen geführt werden, was und wie das Volk bewirken kann und wie es dann auch noch die bestraft, welche sich den Sieg auf ihre fremde Fahne schreiben .

    nochmals herzlichen Glückwunsch und weiter so …

  2. […] hat ein Rentner-Ehepaar auf Mallorca heute gezeigt, wie wichtig die Gesetzesinitiative ist, die heute von der “Plattform der Hypothekengeschädigten” durchgesetzt wurde. Der 68-jährige Spanien und seine 67-jährige Ehefrau wurden heute mittag tot in ihrer […]

  3. aus Madrid sagt:

    Danke Uhupardo für den Artikel. Mir stehen die Haare zu Berge nach den Ereignissen hier und der Artikel beschreibt sie hervorragend! Ein sehr wichtiger Schritt ist getan und in der Tat der blau hervorgehobene Satz lässt mich schaudern, aber die Ehrlichkeit mit der er auf meine Sinne prallt, öffnet meine die Augen noch weiter.

    Saludos : )

  4. Reblogged this on Enough is Enough! und kommentierte:
    1,5 Millionen Unterschriften zwingen Regierung zum Umdenken

  5. Frank Plum sagt:

    Alkeine die Aussage:“Wir stellen uns nun auf die seite der Bürger“ impliziert doch, dass die partei vorher dort nicht stand! Die Finanzgeier konnten diese Krise nur verursachen, weil die Politik ihnen die Chance gab,durch die Schaffung der gesetzbarkeit. Ergo kann es nicht sein das die Leute die verarscht wurden, dafür nun noch alles verlieren sollen. Eigentlich müßten die banken den leuten eine Entschädigung zahlen, nachdem die Immobilie zurück gegeben wurde.
    ich glaube auch kaum, dass dieses misstrauen egegnüber banken und Politik in einigen Monaten aus den Weg geräumt ist!

  6. Wilfred sagt:

    Meinen herzlichen Glückwunsch für diesen Erfolg!!!
    Nur wenn weite Teile der Bevölkerung hinter diesen Forderungen stehen, ist es möglich, der Ausplünderung und Enteignung der Bevölkerung in Spanien und auch in den anderen europäischen Ländern durch eine kleine macht- und geldgierige Gruppe Einhalt zu gebieten.
    Mit dieser Aktion seid Ihr ein leuchtendes Vorbild für die Menschen in ganz Europa.
    Viele Grüße aus Deutschland und weiter so!

  7. Chris sagt:

    in 4 wochen beginnt der mist von vorne und die leute müssen wieder unterschreiben… die werden das so lange probieren bis es 1x klappt..

    • fakeraol sagt:

      Eben. Aus „ACTA“ wurde „Ceta IP“, und wenns damit nicht klappt, wirds nochmal umbenannt.
      Und wenn man die Leute bei ihren Kreditverträgen nicht schröpfen kann, macht mans halt über Strom, Wasser, oder Nahrung.

      Es gab einmal eine Zeit, da wurden alle sieben Jahre die Schulden erlassen und alle Leibeigenen wurden wieder frei gelassen, und alle sieben mal sieben Jubeljahre, im Sabbatjahr bekamen alle Familien ihr ursprüngliches Land zurück.

      Es gab einmal eine Zeit, da gehörte zur „Demokratie“ das Scherbengericht, und wessen Name am häufigsten auf den Scherben zu finden war, der musste innerhalb von zehn Tagen für zehn Jahre in die Verbannung gehen, mit der Androhung der Todesstrafe im Fall der vorzeitigen Rückkehr. Er verlor das Recht, während seiner Abwesenheit an öffentlichen Angelegenheiten mitzuwirken, es verblieb ihm nur sein Eigentum.

      Wenn das Volk nicht wie Don Quichote gegen diese windigen Gestalten kämpfen will, sollte es diese beiden Sachen wieder einführen und in der Verfassung verankern.

  8. Spekulatius sagt:

    Nun werden alle Spanier ihre Immos zurückgeben und sich eine billig gewordene kaufen. Und die Deutschen werden es bezahlen…

    • peter sagt:

      ja, genau das wird passieren.

    • Andreas sagt:

      Ja ne klar 😉 Glaubst du tatsächlich, dass dieselben Menschen auch nur irgendeinen Kredit bekommen würden, nachdem Sie ihre Immobilie zurückgeben mußten und die Bank die Schulden und die im Wert verlorene Immobilie besitzt?

    • Uhupardo sagt:

      So wie die einzig cleveren fleissig Deutschen alles bezahlen, was von dummen Faulpelzen überall anders verursacht wird – das wollten Sie doch sagen, Spekulatius? Tun Sie sich selbst einen Gefallen: Wechseln Sie die Tageszeitung, selbst wenn woanders die Artikel länger und weniger Bilder zu finden sind. Es hilft wirklich.

      • 12sonja12 sagt:

        Da kann ich nur „Bravo“ sagen. Und bitte befolgen sie diesen guten Rat!
        Denn ein Mitarbeiter dieser Zeitung hat uns zwar vor Jahren schon damit überrascht, dass der damalige Papst ein Mensch sei. Allerdings hatte er da schon einen anderen Arbeitgeber, als er mit dieser Neuigkeit die Zuschauer bei Kerner schockiert hatte. Was auch einiges besagt.

    • misli sagt:

      Lieber Spekulatius, Dein Kommentar verrät mir, dass Du die Menschen in Spanien wirklich nicht kennst. Sie arbeiten hart für sehr wenig Geld, wo die Deutschen lieber H4 haben und auf die Arbeit verzichten, da sich die nicht lohnt. Ausserdem kenne ich keinen Spanier, dem irgend ein Deutscher etwas bezahlt hat ohne entsprechende Gegenleistung. Und ich kenne viele Spanier und lebe mit ihnen. Nur sie haben noch Würde und Stolz! Und kämpfen lieber für ihre Rechte. Und nun schlaft und träumt weiter zwischen GZSZ und DSDS und Tiefkühlpizzen deutsche Michels. Und erschreckt nicht wies bei Euch aussieht, wenn ihr aufwacht!

      • fischi sagt:

        Sie arbeiten hart für sehr wenig Geld, wo die Deutschen lieber H4 haben und auf die Arbeit verzichten, da sich die nicht lohnt.

        Dieser Satz stimmt bloß in wenigen Fällen.
        Viele Deutsche gehen auch für einen € arbeiten und sind froh das sie nicht zu Hause sitzen müssen.
        Das wird allerdings auch gnadenlos von der Wirtschaft ausgenutzt.
        Ein bisschen weniger Bild und RTL würde auch dir gut tun.
        Denn Millionen Menschen in Deutschland geht es auch nicht wesendlich besser wie den Spaniern.
        Fallt doch nicht immer auf die Propaganda rein!

  9. Andreas sagt:

    Seit Tagen wird in den spanischen Medien dermaßen positiv über die wirtschaftliche Entwicklung in Spanien geredet, dass man meinen würde, hier gibt es bald wieder blühende Landschaften. Stanley Morgen glaubt gar, dass Spanien wirtschaftlich das Deutschland von morgen werden könnte. Und dann nun gestern dieser Satz dieses erzkonservativen neoliberalen Politikers Alonso.

    Ich denke, die Menschen sollen wohl damit beruhigt werden, denn die Wirklichkeit sieht hier definitiv anders aus.

    Ich glaube hier haben ein paar mächtige Strippenzieher so richtig die Hosen voll vor einer eventuellen spanischen Revolution, die sich dann auf viele weitere europäische Länder ausdehnen würde.

    • 12sonja12 sagt:

      Genau so ist es!
      Schöne Worte, oder noch schönere Versprechungen.
      Die sich dann als Versprecher, bewußt natürlich, herausstellen dürfen wenn die Gefahr vorüber ist.
      Wäre zu überlegen ob diese Leute ebenfalls ihr Asyl in den Regierungsgebäuden nehmen, um draußen der Verhaftung zu entgehen.

  10. Helmut Josef Weber sagt:

    Uhupardo sagt: 7. Februar 2013 um 20:33
    Sie leben in einer Demokratie, einem Land, in dem das Volk herrscht? Wo liegt das?

    Antwort:
    Ja- in Spanien!
    Das ist gelebte Demokratie.

    Zu diesem Thema:
    Solange Spanien den Euro hat, kann und wird sich nichts ändern und die Menschen werden immer weiter verelenden.
    Oder Spanien müsste mindestens 40% die Löhne und Preise senken, was natürlich nicht machbar ist
    Es ist eine Schande, das Spanien und andere Länder „verbrannt“ werden, damit die Banken und Versicherungen ihre Kredite zurück bekommen.

    Viele Grüße
    H. J. Weber

  11. biersauer sagt:

    Die EU hilft jetzt den Menschen die Probleme zu lösen, welche es vorher nicht gab!

  12. El Cuervo sagt:

    Was hier zunaechst nach einem Erfolg der Bewegung aussieht, ist wohl zu grossen Teilen dem Schwarzgeld-Skandal geschuldet. Die Partei hat innerhalb von Tagen die letzten, noch uebrig gebliebenen Sympatien verloren. Mit dieser Aktion soll nichts anderes getan werden, als der totale Untergang verhindert werden. Ich gehe davon aus, dass es nicht lange dauern wird, bis man in Regierungskreisen mit Bedauern feststellen wird, dass eine umfassende Loesung fuer die Betroffenen ausserhalb des Machbaren liegt, man aber weiter nichts unversucht lassen wird um den Betroffenen zu helfen.
    Mit anderen Worten: Nichts als blanker Populismus.

  13. bodenfrost sagt:

    Reblogged this on Bodenfrost und kommentierte:
    Zwei weitere gute Artikel zum Thema in der taz und bei Telepolis.

  14. Marian Kolle sagt:

    Lustige News, vor allem weil bereits seit Tagen klar ist dass die Regierung sich den vielen Stimmen beugt. Haben sogar deutsche Medien schon drüber berichtet

  15. […] bringt sich vor der Zwangsräumung um * Heftplaster gegen Zwangsräumungen beschlossen * 1,5 Millionen Unterschriften zwingen Regierung zum Umdenken * Bereits mehr als 2 Mio. Arbeitslose sind ohne jedes Einkommen * Die Eliten schaffen sich ab, […]

  16. […] einer von ihnen, “denn die Banken stellen sich im Vorfeld der Gesetzesänderung, die wir durch 1,5 Millionen Unterschriften anschieben konnten, besonders stur”. Deswegen müsse man bedauerlicherweise überall im Land zu […]

  17. […] – Spanien: In Spanien ist die nächste, große Welle der Demonstrationen gestartet. Gestern waren wieder Millionen von Menschen auf den Straßen, gegen Zwangsräumungen. Mit einer Unterschriften-Aktion in der sie 1,5 Millionen Unterschriften gegen Zwangsräumungen sammelten, konnte die spanische Bevölkerung die Regierung dazu bringen, umzudenken. (https://uhupardo.wordpress.com/2013/02/12/15-millionen-unterschriften-zwingen-regierung-zum-umdenken/) […]

  18. […] vor zwei Monaten ankündigte, man werde sich die Gesichter derjenigen Abgeordneten merken, die 1,5 Millionen Unterschriften ignorieren, wurde das von der konservativen Regierung als “nicht tolerierbare Drohung” […]

  19. […] vor zwei Monaten ankündigte, man werde sich die Gesichter derjenigen Abgeordneten merken, die 1,5 Millionen Unterschriften ignorieren, wurde das von der konservativen Regierung als “nicht tolerierbare Drohung” […]

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