Das 212-seitige Wahl-Programm, das die konservative PP (Partido Popular) jetzt präsentierte, windet sich wie ein Aal. Nur nicht anecken, bloss niemanden aufwecken, alles weitmöglich mit wolkigen gedrechselten Floskeln zuschmieren.
Wie überall macht die spanische Bevölkerung die aktuelle sozialdemokratische Regierung von Ministerpräsident Zapatero für die Krise verantwortlich. Die Umfragen sagen einen deutlichen Sieg der Konservativen am 20. November voraus. Wozu also konkret werden und irgendein Risiko eingehen? Wattebausch- Kommunikation und aus.
Dennoch strahlt der neoliberale Ansatz deutlich aus dem Programm. Privatisieren, was noch zu privatisieren ist und so viel private Beteiligung im öffentlichen Service wie nur möglich.
PP-Parteichef Mariano Rajoy geht auf Eiern. Den „spanischen Sparern“ wolle er „Steuerlast von den Schultern nehmen“, schwadroniert er. Gemeint sind Steuersenkungen für Kapital-Renditen. Arbeiter und Angestellte haben längst kein Spar-Potential mehr, von den vielen Arbeitslosen gar nicht zu reden. Die PP bedient ihre besitzende Klientel mit dieser Massnahme und muss sich damit auch um zukünftige Finanzierungen des Wahlkampfes der Partido Popular keine Sorgen machen.
Die spanische Bahn, eine der letzten rentablen Staatsfirmen, steht auf dem Frühstückszettel der Privatisierer, wahrscheinlich auch die Post. Die Flughäfen sowieso. Ob mittels Börsengang auch die staatliche Lotteriegesellschaft, und damit der Rest des Tafelsilbers, unter den Hammer kommt, lässt das Programm offen.
Kein Wort über die Wasserversorgung, kein Satz zur Homosexuellen-Ehe und der mehrfach angekündigten Rücknahme des entsprechenden Gesetzes. Wer nichts sagt, hat nachher die Hände frei zu tun, was immer ihm beliebt.
Sparen ja, aber wo? Ein paar blumige Sätze zu Erziehung, Bildung und der medizinischen Versorgung lassen völlig offen, wo die Axt angesetzt werden soll: „Wir garantieren die Qualität des Sozialstaats und fördern effiziente Modelle öffentlich-privater Zusammenarbeit mit Verantwortung und öffentlicher Kontrolle.“
Wer so redet, tut das bewusst, um nichts zu sagen. Die Wähler-Klientel in Pampers packen und den Schnuller in den Mund. Nach der Abstimmung am 20. November wird die konservative PP, die seit Monaten behauptet, ein Regierungswechsel sei allein ausreichend für die Besserung der Lage, tun und lassen können, was immer ihr Spass macht.
Die Wähler werden dafür sorgen. Nach der Makro-Umfrage, die am 4. November publiziert wurde, wird die PP 46,6 Prozent aller Stimmen bekommen, die andere Volkspartei PSOE nur 29,9 Prozent, das schlechteste Ergebnis aller Zeiten.
Es ist natürlich auch eine absurde Komödie, im Schatten eines herannahenden globalen Finanz-Gaus, ein Wahlprogramm zu vertreten, das über Übermorgen hinaus geht und so eine Normalität vorzuspielen, die es so nicht mehr gibt. Immer mehr und immer öfter können wir die Ratlosigkeit der politischen Akteure live im TV erleben wie dieser Tage in Cannes…
Wie Recht Sie haben, zeigt sich in der alltäglichen spanischen Politik-Diskussion in allen Medien. Praktisch nichts kommt auch nur vor, das über „Spanien-intern“ hinaus geht, während die fundamentalen Entscheidungen längst woanders getroffen werden.
Das Ziel ist klar: Innerhalb des fatalen „Praktisch-2-Parteien“-Systems die Diskussion in den Kneipen genau darauf zu polarisieren.