Brasilien ist schon seit Jahren deutlich im Vormarsch. Jetzt hat die Wirtschaft des südamerikanischen Landes Großbritannien den sechsten Platz auf der Weltrangliste abgenommen, wie das Wirtschaftsinstitut „Center for Economics and Business Research“ berichtet.
Der Internationale Währungsfond (IWF) geht davon aus, dass Brasilien spätestens 2015 auch Frankreich von Platz 5 verdrängen wird. Die brasilianische Regierung rechnet damit weit früher, wie Finanzminister Guido Mantega in São Paolo versicherte.
Brasiliens Wirtschaft wachse mindestens doppelt so schnell wie die der europäischen Länder, betonte er, „deshalb ist es unaufhaltsam, dass wir Frankreich in Zukunft überholen, und wer weiß, vielleicht auch Deutschland.“ – Beim Pro-Kopf-Einkommen sei Brasilien allerdings noch weit vom europäischen Standard der reichen Länder entfernt, gab er zu.
2011 wuchs die brasilianische Wirtschaft, die der linksgerichtete Regierungschef Lula weit nach vorn gebracht hat, „nur“ um drei Prozent. Im Vorjahr waren es noch 7,5 Prozent gewesen. Für 2012 werden schon wieder mit vier bis fünf Prozent gerechnet.
Die Lebensqualität in den Industriezonen steigt deutlich; die Kriminalitätsrate in den ruralen, armen Gebieten auch. Rio und Sao Paolo boomen, im Nordosten und Norden zahlen die Menschen teilweise hohe Preise dafür in jeder Hinsicht. Erheblich gestiegene Preise – von Nahrungsmitteln angefangen bis hin zu Autos – machen es der Bevölkerung in den ärmeren Regionenen des Nordens immer schwieriger. Dagegen ist der verbesserte Lebensstandard besonders im Süden deutlich zu spüren.
Zwar ist die brasilianische Regierung stolz darauf, „16 Millionen Menschen aus der Armut geholt“ und in die Mittelschicht katapultiert zu haben, doch bleibt noch viel zu tun. In den letzten Jahren deutlich gestiegene Öl-Kosten verteuern gerade die Grundprodukte unverhältnismässig in einem Land mit seinen riesigen Transportwegen, das so gross ist wie Europa . Die katastrophal schlecht bezahlte Polizei ist vielfach korrupt, das Justiz-System, komplett überlastet, arbeitet quälend langsam.
Deswegen hat sich die Bevölkerung 2005 in einer Volksabstimmung gegen ein privates Waffenverbot ausgesprochen – sie traut der Polizei nicht. Die organisierte Kriminalität in den Favelas (Slums), die meist mit Drogengeschäften verquickt ist, verbunden mit der temperamentvollen Mentalität der Brasilianer, macht bestimmte Zonen zum Pulverfass.
Brasilien weist erstaunliche Wirtschaftszahlen aus und ist auf einem sehr erfeulichen Weg. Lula hat, auch im Bildungssektor und bei der Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern, hervorragende Arbeit geleistet. Doch die Hypotheken aus den vergangenen 50 Jahren, in denen ausnahmslos die reichsten Familien Brasiliens den Regierungschef gestellt hatten, wiegen schwer.
Sollte das Land der 190 Millionen Einwohner, mit allen seinen Bodenschätzen und reichen Agrarlandschaften, den jetzt eingeschlagenen Weg weitergehen, die Unterschiede zwischen Arm und Reich langsam weiter vermindern und für ein besseres Justiz-System sorgen, ist der Wirtschaftsriese Brasilien kaum zu bremsen.
Economic Hitman