„Mit dem Euro endet die Demokratie in Europa“

„Europa ist kein Konstrukt für Ingenieure. Es geht um das, was den Menschen zugemutet werden kann – bei Rettern wie den zu Rettenden. Das ist in beiden Fällen zu viel. Wem nützt es, wenn die Ertrinkenden ihre Retter in die Tiefe reißen? „

„Das Euro-Abenteuer ist ein Spiel mit der Demokratie. Mit dem Euro endet die Demokratie in Europa, denn mit dem Euro und seiner Rettung durch eine Transferunion geht die Macht entweder auf die EU-Kommission oder die bereits etablierte Nebenregierung der Euro-Retter über (Euro-Gruppe, Rettungsfonds). Parlamente und Regierungen nicken dann nur noch ab.“

„So paradox es klingt und so unwürdig es ist: Finanzmärkte und Rating-Agenturen retten die Demokratie, indem sie das Euro-Abenteuer beenden.“

„Ich rate, gerade im Hinblick auf Argentinien und andere Sanierungsfälle, zu etwas anderem: Lösung vom Euro, Umtausch aller Euro-Forderungen und -schulden 1:1 in nationale Währung und anschließend Neufestlegung der Wechselkurse: Abwertung für die Schuldenländer, Aufwertung für ein Gläubigerland wie Deutschland.“

Das sind wenige Kernsätze aus einem interessanten Interview, das die Kollegen von „krisenfrei“ mit Prof. Dr. Hankel geführt haben, dem Ex-Präsidenten der Hessischen Landesbank. Das komplette Interview finden Sie hier.

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8 Kommentare zu “„Mit dem Euro endet die Demokratie in Europa“

  1. bravo56 sagt:

    Das Interview mit Prof. Dr. Hankel ist für mich keine Erleuchtung. Vor allem, weil es sich immer so anhört, als sei „der Euro“ an der ganzen Misere schuld. Wenn er sagt: Der Euro ist kein Friedensprojekt für Europa; er polarisiert und weckt den schäbigsten nationalen Eigenutz: Deutschland soll für alle zahlen.“ dann ist das einfach Unsinn. Es liegt nicht am Euro, dass gerade die Südstaaten in der Eurozone so hoch verschuldet sind. Diese Schulden wären auch mit D-Mark und Drachmen entstanden. Die Schulden entstanden zu einem großen Teil aus dem wirtschaftlichen Ungleichgewicht zwischen den Euro-Ländern. Deutschland hat mit seinem andauernden gewaltigen Exportüberschuß davon profitiert, dass sich die anderen Staaten hoch verschuldet haben. Das wäre auch mit D-Mark und Drachme passiert. Und Deutschland müsste auch mit D-Mark und Drachme zahlen. Es gäbe noch das System der „Hermes-Bürgschaften“.
    Der Euro ist nur eine Währung. Deshalb kann er die Demokratie in Europa nicht gefährden. Eine Gefahr für die Demokratie ist der Umgang der Politiker mit der Krise.
    Der Ausstieg aus dem Euro kann ein Schritt auf dem Weg zur Lösung der Krise sein. Er ist aber nicht die einzigen Möglichkeit. Genauso wenig, wie die Rettungsschirme „alternativlos“ sind, ist es die Rückkehr zu den nationalen Währungen.

    • uhupardo sagt:

      Das Interview sehen wir auch nicht als „Erleuchtung“. 🙂 Es ist aber interessant genug, um es nicht zu verpassen.

      Sie haben in Ihrer Argumentation allerdings auch etwas vergessen: Der Euro hat zwischenzeitlich dafür gesorgt, dass in Spanien, Griechenland, Portugal oder Italien die Bankzinsen für die Kunden drastisch sanken, in etwa auf deutsches Niveau. Das bewirkte, dass die Banken Kredite im Füllhorn an ihre Kunden vergaben, die dann zum Beispiel und vorrangig auch deutsche Exporte in sehr verstärktem Ausmass kaufen konnten. Das wäre mit nationalen Währungen nicht passiert, weil in den Südländern die Verbraucher schlicht das Geld nicht dafür gehabt hätten.

      Ansonsten haben Sie aber Recht: Der Euro ist eine Währung ist eine Währung. Nichts weiter. Europa ist (oder sollte sein) etwas anderes.

      • bravo56 sagt:

        Man kann als „Normalbürger“ nicht alle Aspekte der Krise kennen und gerade in einem kurzen Kommentar beleuchten. Ich nehme Ihre Anmerkung gerne an.
        Was mir auf die Nerven geht, ist dieses Euro-Bashing. Das schürt nur nationalistische Ressentiments und führt zu sonst nichts.

        • uhupardo sagt:

          Der Euro war falsch, weil er als Dach auf ein nicht vorhandenes Haus gesetzt wurde. Das habe ich vor der Euro-Einführung gesagt und jetzt auch. Doch das ist Schnee von gestern. Jetzt muss man sehen, wie man aus der Misere wieder herauskommt, am besten mit einem komplett anderen Wirtschaftssystem, das sich nach völlig verschiedenen Parametern ausrichtet. Die aufflammenden nationalistischen Ressentiments besorgen mich auch.

          Wenn Sie zu dem anderen Thema weitere Infos möchten, empfiehlt sich dieser Film:

    • krisenfrei sagt:

      Hallo bravo,

      von Erleuchtung zu reden, halte ich in diesem Zusammenhang für etwas übertrieben.
      Geht es nicht vielmehr darum, die ständigen Lügen der Politiker – „Deutschland hat vom Euro profitiert“ – aufzudecken?
      Deutschland ist NICHT der Eurogewinner! Und genau das sagen sowohl Prof. Hankel als auch Prof. Sinn. Oder fragen Sie mal die Lohnabhängigen in D, die seit Jahren immer weniger in der Tasche haben, insbesondere die Niedriglohnjobber, die Zeitarbeiter oder die 400 Euro-Jobber.

      Ich darf Sie an das Zitat von Prof. Hankel erinnern: „Eine Währung, die gerettet werden muss, ist keine Währung.“

      Ohne den Euro hätten die Südländer jetzt nicht dieses gewaltige Schuldenproblem und die Deutsche Bundesbank auch nicht das Problem mit TARGET2.
      Griechenland und Portugal sind definitiv pleite, Italien kurz davor und D schmeißt gutes Geld schlechtem Geld hinterher. Nicht mehr lange und D ist auch bei einer Staatsverschuldung von 100% zum BIP. Übrigens, auch die EZB ist pleite.

      • uhupardo sagt:

        „“Eine Währung, die gerettet werden muss, ist keine Währung.“

        Correcto! DAS ist überhaupt der Kernsatz des Ganzen!

      • bravo56 sagt:

        Nein, da widerspreche ich ganz energisch.
        Die Entdemokratisierung, die wir beobachten können, ist möglich, weil es den Euro gibt. Jedoch ist ist es nicht zielführend, die Ursachen der Entwicklungen zu entpersonalisieren, indem man sagt, „mit dem Euro endet die Demokratie in Europa“. Die Demokratie endet zum Beispiel mit der erpresserischen Einmischung der Troika in die Regierungsangelegenheiten souveräner Staaten.
        Wenn man sagt, Deutschland hat vom Euro profititert, dann bezieht sich das auf die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung. Dass davon beim „kleinen Mann“ nichts angekommen ist, liegt nicht am Euro. das ist Folge der streng neoliberalen Politik und der enormen Ausweitung des Niedriglohnsektors spätestens seit der Regierung Schröder.

        • uhupardo sagt:

          Ich weiss, was Sie meinen bravo56 und gebe Ihnen auch recht. Allerdings glaube ich, dass niemand buchstäblich „dem Euro“ eine Schuld gibt, denn der ist eine Währung und tut nichts. Also meinen sicher die meisten – und ich sowieso – die handelnden Personen und Institutionen. Innerlich bin ich nicht glücklich mit der Situation, aber zufrieden damit, dass sich dieser ganze neoliberale Vortrag endlich (!) von selbst ad absurdum führt und jeden Tag mehr.

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