Dem französischen Kandidaten geht der Hintern offensichtlich deutlich auf Grundeis. Seine Aussichten, die kommende Wahl gegen den Sozialdemokraten Hollande zu verlieren, lassen ihn nach allen Seiten ausschlagen. Einerseits übernimmt er fremdenfeindliche Positionen der extremen Rechten, andererseits keilt er gegen die Linken, auch wenn sie nichts mit seinem Land zu tun haben. Das ist bei der PSOE in Spanien jetzt auf geharnischten Protest gestossen. Die konservative Regierung in Madrid solle den französischen Kandidaten gefälligst „desautorisieren“, fordert die Sprecherin der PSOE-Parlamentsfraktion, Soraya Rodríguez.
Sarkozy hatte die wirtschaftliche Situation Spaniens jüngst mit der von Griechenland verglichen und gesagt „Schauen Sie sich Spanien nach sieben Jahren Sozialismus an“. Unsinn natürlich, denn Spanien ist nicht Griechenland. Spanien war nie von fiskalischer Verantwortungslosigkeit geprägt. Auch und besonders nicht unter der PSOE-Regierung von Ministerpräsident Zapatero, der zähneknirschend Reformen umgesetzt hatte, die nicht zu einer sozialdemokratischen Regierung zu passen schienen. Und Spanien hat sich nicht mit gefälschten Bilanzen in den Euro geschmuggelt.
Statt dessen wird Spaniens Unfähigkeit, mit einer Währungsabwertung entgegenzusteuern, wie das früher möglich war, und seine Geldpolitik kontrollieren zu können, jetzt zu einer Reduktion der Löhne und Kosten führen, in der Summe zu einer Verelendung des Landes. Das alles hat mit „sieben Jahren Sozialismus“ wahrlich nichts zu tun. Soraya Rodríguez hat deswegen Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy aufgefordert, Sarkozy deutlich zu widersprechen. Der französische Kandidat, „dessen Kampagne alles andere als gut läuft“, übersehe nur zu gerne, dass Spaniens Probleme durch die neoliberale Politik und „durch die deutsch-französische Achse“ verursacht würden, wetterte die Vorsitzende der PSOE-Parlamentsfraktion.
Es sei „absolut notwendig und wichtig“, dass Rajoy nun Spanien verteidige, fordert Rodríguez, denn Sarkozy wolle „unserLand nur dazu benutzen, Hollande zu verteufeln und die Situation Frankreichs für den Fall des Wahlsiegs der Linken schwarz zu malen“. Rajoy denkt natürlich gar nicht daran, der Aufforderung Folge zu leisten. Im Gegenteil: Sarkozy habe natürlich vollkommen recht, liess der spanische Regierungschef, der jeden Tag mehr an Popularität verliert, seine Parteigenossen dröhnen.
Sarkozy schreckt vor nichts mehr zurück in dieser Phase seines Wahlkampfes. Wäre er ein Hund, würde man ihn einen „Angstbeisser“ nennen. Die sind gefährlich, weil in gewisser Weise unberechenbar!
Was die fatalen „Reformen“ Spaniens betrifft, sollte man Sarkozy einmal fragen, warum er denn bisher so wenig in dieser Richtung unternommen hat, wenn er das neoliberale EU- und Merkel-Modell für so richtig, notwendig und erstrebenswert hält?
Einen Präsidentschaftskandidaten, der nach fünf Jahren Präsidentschaft im Zeitungsinterview den Franzosen verspricht, er wolle in den nächsten fünf Jahren ein ganz anderer Präsident sein, wenn sie ihn nur wählen würden, der leistet in meinen Augen einen Offenbarungseid!
Er wildert ungeniert auf der Rechten, geriert sich zum EU-Kritiker, er will sparen und gleichzeitig Wohltaten verteilen. Es scheint, als habe er völlig die Kontrolle verloren, aber das ist Kalkül eines prinzipienlosen Charakters.
Trotzdem holt er deutlich auf in den Umfragen: Im Ersten Wahlgang liegt er seit den Anschlägen von Montauban und Toulouse ständig vor Hollande. Im Zweiten Wahlgang ist der Vorsprung von Hollande von über zehn auf nur noch sechs Prozent geschrumpft! Holland ist der farbloseste Wahlkämpfer an den ich mich erinnern kann. Er wirkt wie ein Zählkandidat, der gar nicht will?
Nein, leider befürchte ich, dass Sarkozy diese Wahlen noch nicht verloren hat…
Gracias, almabu, ein wahres Wort gelassen ausgesprochen! „Gewissenlos verantwortungslos populistisch“ oder auch „der perfekte Politiker in diesem System“.
„Einen Präsidentschaftskandidaten, der nach fünf Jahren Präsidentschaft im Zeitungsinterview den Franzosen verspricht, er wolle in den nächsten fünf Jahren ein ganz anderer Präsident sein, wenn sie ihn nur wählen würden, der leistet in meinen Augen einen Offenbarungseid!“
Das ist der Kernsatz für mich. Wenn man sich allerdings anschaut, wie viele Politiker weltweit, die immens versagt hatten in einer vorigen Legislaturperiode, dann stramm wiedergewählt wurden …
Sarkozy hat die Franzosen doch bisher vor der bitteren Medizin der Neocons Merkelscher Bauart deshalb verschont, weil er sich nicht traute! Statt dessen sagt er Frankreich sei das einzige Land, das während der Krise (durch seine besonnene Politik meint er wohl?) Zuwachs erzeugt habe. Soll er doch einfach sagen, dass die Neocons, Merkel und die EU im Unrecht sind und dabei, ein EU-Land nach dem anderen zu Grunde zu richten! Bis zu den Anschlägen gab Sarkozy doch den strengen Doktor, der den Franzosen mit ernster Stimme und sorgenvoll gerunzelter Stirn die bittere Merkel-Spar-Medizin verordnen wollte und jetzt? Der Kerl wechselt seine politische Position wie ein Breakdancer, dem jemand Juckpulver in den Kragen geschüttet hat…
Gewissenlos und verantwortungslos populistisch = perfekter Politiker. Sagte ich schon mal so ähnlich.
Es gab da schon mal so einen kleinen Franzosen. Eer war blutrünstig genug um es in die Geschichtsbücher zu schaffen. Der ist uns daher bis heute in Erinnerung geblieben und steter Quell französischer Geschichte. Der andere kleine Franzose, der jetzt das so rumhampelt, der wird bald vergessen sein und wenn er noch so hampelt.
@nikohle
Unterschätze bitte Sarkozy nicht! Nicht weil er so gut wäre, nein, sondern weil er prinzipienlos ist, ein opportunistischer Stimmungssurfer auf der Rechten. Der wird noch Le Pen rechts überholen!
Ausserdem und das Problem haben wir in Deutschland auch, ist ein Präsident oder eine Kanzlerin so stark, wie die Opposition sie macht! Wir haben mit der SPD einen Totalausfall an Opposition und dieser Monsieur Hollande in Frankreich reisst mich auch nicht aus dem Sessel. Wenn es aber nur eine scheinbare Opposition und echte Wahl gibt in Frankreich, in Deutschland in den USA, warum regen wir uns dann eigentlich immer über die Wahlen in Russland auf?
Eine sehr gute Frage …