EM 2012: Del Bosque verhindert spanischen Sieg gegen Italien

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Das Positive zuerst: Beim Spiel von Spanien gegen Italien zum Gruppenauftakt gab es mehr Fussball zu sehen als in allen bisherigen Partien zusammen. Das lag auch und besonders daran, dass sich Italien erstmals nach dem 2. Weltkrieg entschlossen hatte, wirklich Fussball zu spielen, statt den Doppelstock-Bus vor die Tür zu stellen und auf einen Konter zu hoffen. So wurde es ein munterer Schlagabtausch ab der ersten Minute, der dem Zuschauer Freude machte. Das 1:1-Unentschieden wurde am Ende beiden gerecht. Den spanischen Sieg hatte Trainer Vicente Del Bosque rücksichtsvoll und erfolgreich verhindert.

Nach Wochen der Fan-Diskussionen „Torres oder Negredo“ hatte der spanische Übungsleiter die Patentlösung parat: weder noch! Auch die dritte Option, den aktuell besonders spielstarken und erfolgreichen Torjäger Llorente von Bilbao, liess er ebenfalls auf der Bank. Wenn schon falsch, dann wenigstens konsequent. So begann Spanien also ohne Stürmer. Richten sollten es die offensiven Mittelfeldspieler Silva, Iniesta oder Cesc Fabregas. Das konnte nicht funktionieren, denn das Barça-Rezept war gegen Italien genau das falsche. Hacke-Spitze-und-nochmal-von-vorn. Vor allem hatte Del Bosque offensichtlich vergessen, dass ihm Messi nicht zur Verfügung stehen konnte, um die Barcelona-Struktur zu kopieren.

espita

So gab es also ansehnlichen Fussball – bis zum Strafraum. Und dort fand sich niemand für den Abschluss. Wer denn auch? Querpass, Querpass, Querpass. Das kann man nach spätestens 20 Minuten merken, muss man nicht. Del Bosque musste nicht. Er schaute der chronisch-logischen Abschlussschwäche stoisch bis zur 64. Minute zu. Und dann? Endlich? – Aber nein: Jetzt musste der beste Mann des Spiels, David Silva, gehen und Flügelflitzer Jesús Navas kam. Der brachte auch sofort frischen Wind, aber wer sollte seine Flanken köpfen? Die Zwerge Iniesta, Xavi, Fabregas? – Dann also niemand.

Erst in der 74. Minute muss Del Bosque irgendein erpresserischer Anruf von Luis Aragones erreicht haben, und er brachte endlich Fernando Torres für Fabregas. Das machte sich sofort bemerkbar in den dann dynamischen Angriffen, kam aber zu spät, um das Unentschieden noch in einen Sieg verwandeln zu können. Del Bosque hat sich heute lange genug dagegen gewehrt: Listig wie ein Fuchs sorgte er dafür, dass die Gruppe spannend bleibt und Spanien nicht zu sehr unter der Favoritenrolle leidet. Das war super, muchas gracias, Don Vicente. Aber einmal reicht. Können wir dann bitte jetzt beim nächsten Spiel doch wieder mal einen Stürmer aufstellen? Bitte, bitte!

P.S.: Eins noch, Xavi!  Spar dir bitte die Klagemauer über den schlechten Platz, den trockenen Rasen und was dir sonst an Heulmaterial einfällt, für Barcelona auf, da passt es hin.  Wenn du für Spanien spielst, halt den Rüssel!  Por favor.

13 Kommentare zu “EM 2012: Del Bosque verhindert spanischen Sieg gegen Italien

  1. Andy sagt:

    Ich habe mit Del Bosque schonmal vor etwa 3 Jahren in La Moraleja Green eine Runde Padel gespielt. Das ist schon ein komischer Kauz – null sympatisch, überehrgeizig und er kann nicht verlieren. Meiner Meinung nach war seine Aufstellung ein Zeichen von Überheblichkeit, denn dumm ist er definitiv nicht.

  2. Gaviota sagt:

    Unterhaltsame Zusammenfassung eines schönen Spiels.

    Allerdings zeugt es vom Genie meiner spanischen Soccer Boys, dass es ihnen selbst ohne Stürmer gelang, einem der weltbesten Tormänner ein Ei ins Netz zu legen. Bei den Italienern ging das nicht ohne Stürmer.

    • uhupardo sagt:

      Ist auch kein Beinbruch. Das Spiel war attraktiv genug, ein Punkt ist in Ordnung gegen Italien. Nicht in Ordnung sind Del Bosques Kommentare „Das war ein gutes Spiel und wir müssen zufrieden sein …. Es war ein guter Versuch, Cesc hat seine Arbeit gemacht, die Einwechslung von Torres kam zum idealen Zeitpunkt.“. – Die „Versuche“ kann er zu jedem Zeitpunkt machen, ausser bei einer EM. Es wäre ihm kein Zacken aus der Krone gebrochen, wenn er gesagt hätte „Vielleicht habe ich mich geirrt und hätte …“

      Luis Aragones und Mourinho haben jedenfalls klare Worte gefunden nach dem Spiel. Was ich im Fall von Aragones auch getan und im Fall von Mourinho eher gelassen hätte.

  3. ribi sagt:

    uhu: ihr spanier sollt nicht immer so arrogant sein! sorry, meint ihr, dass ihr italien den fussball erklären könnt?

  4. ribi sagt:

    uhu: die italiener achten spanien, obwohl es bis auf 2010 nie etwas gerissen hat, schönspielerei ist nett, bringt aber nur bei sieg etwas. bayern spielt gerne gegen real, verliert aber immer gegen milan!ital trainer sind unglaublich begeht, hätten die keien ahnung, wäre es nicht so!

    • uhupardo sagt:

      Wer die Doppelstock-Bus-Spielerei der italienischen Nationalmannschaft bisher als attraktiven Fussball sah, hat selbst gewählt und einen komplett anderen Geschmack, dazu ist nichts weiter zu sagen.

      „schönspielerei ist nett, bringt aber nur bei sieg etwas.“
      Da würde der amtierende Welt- und Europameister zustimmen.

      „obwohl es bis auf 2010 nie etwas gerissen hat“

      (2008 war ribi noch nicht auf der Welt?)

  5. ribi sagt:

    sehr lustig, 1965 kannst du auch nennen, ich bin als halbitaliener menschlich sehr spanien-freundlich! aber: wer özil zum einmaligen fussballer erklären muss und mou als trainer nicht versteht- keine frage, eine andere spielkultur. ich will, das mein team gewinnt, allles andere ist kalter kaffee, soll aber jeder selbt sehen!

    • uhupardo sagt:

      „ich will, das mein team gewinnt, allles andere ist kalter kaffee, soll aber jeder selbt sehen!“
      Da unterscheiden wir uns ganz grundsätzlich.

  6. ribi sagt:

    uhu: wir sollten uns wegen fussball nicht streiten! jeder hat ein recht auf sein lieblingsteam! übrigens sollte man die nähe der beiden länder( kulturell gemeint) nicht leugnen! anders als bei dt.-holland gibt es keine fangewalt gegeneinander!

    • uhupardo sagt:

      „wir sollten uns wegen fussball nicht streiten! jeder hat ein recht auf sein lieblingsteam!“
      Correcto, deswegen der Hinweis auf den „Geschmack“, zu dem es nichts weiter zu sagen gibt.

      „übrigens sollte man die nähe der beiden länder( kulturell gemeint) nicht leugnen! anders als bei dt.-holland gibt es keine fangewalt gegeneinander!“
      Es ist eine ganz gesunde Rivalität (im Fussball und nur darum geht es hier), die keine Auswüchse zeitigt, das ist richtig. Allerdings hat Spanien die auch mit niemandem (die Auswüchse) glücklicherweise. Wäre auch fatal.

  7. uhupardo sagt:

    So ganz nebenbei: Männliche Fussballfans gegen die Titten-Kameras! Bemerkenswert!
    http://www.11freunde.de/artikel/sind-die-em-medien-notgeil

  8. uhupardo sagt:

    Während die Kritik an Del Bosque wegen der Aufstellung gegen Italien von allen Seiten zunimmt, zeigt sich der Trainer sturköpfig: „Ich glaube, wenn ich nochmal zu entscheiden hätte, würde ich es wieder so machen.“

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