Bahnstreik Spanien: „Das haben wir jetzt von einer faschistischen Regierung!“

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Kein einfacher Urlaubsbeginn für viele Spanier! Dem Bahnstreik fallen heute 554 Züge zum Opfer, im Nah- und Fernbereich, auch bei den AVE-Superschnellzügen. Der Streik, der sich gegen die Privatisierung der spanischen Bahn richtet, begann um Mitternacht und zeitigte bereits in den frühen Morgenstunden die ersten Protestaktionen (Foto oben) in den Bahnhöfen von Madrid. Um sechs Uhr morgens blockierten etwa 150 Bahn-Beschaftigte die Station Atocha, umringt von einem grossen Polizei-Aufgebot. Die Parolen waren deutlich diesmal!

Während auf den T-Shirts noch sachliche Texte zu lesen waren wie „Für eine öffentliche und soziale Bahn“ oder „Mariano (Rajoy), die Bahn wird nicht verkauft!“, wurden die Rufe wesentlich deutlicher. Umstehenden Zuschauern riefen die Bahn-Beschäftigten zu „Dich, der du nur zuschaust, bestehlen sie auch!“. An anderer Stelle, auf einem Nahverkehrsbahnhof, wurden die mit Trillerpfeifen „bewaffneten“ Streikenden deutlicher: „Das haben wir jetzt von einer faschistischen Regierung!“ („esto nos pasa por un gobierno facha“)

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Ungefähr 130.000 direkt oder indirekt Beschäftigte der spanischen Bahn beteiligen sich heute an dem Streik, der bisherohne grössere Vorkommnisse abläuft. Dabei geht es um die Pläne der Regierung, die bisher öffentliche Bahn (RENFE) in vier Sektoren aufzuteilen und so filletiert zu privatisieren. Danach könnte sich jede in- oder ausländische Firma die rentablen Stücke einverleiben. Wie immer und überall würden wenig frequentierte Strecken und Bahnhöfe darunter leiden und vernachlässigt werden, weil allein Rentabilität zählt. Auch die 50 Milliarden öffentlicher Gelder, die Spanien bereits in die Entwicklung der AVE-Superschnellzüge gesteckt hat, würden dabei vermutlich in die Hände ausländischer „Investoren“ fallen.

Während all das passiert, gibt Regierungschef Mariano Raoy in seiner ersten Presse-Konferenz seit Wochen in Madrid echte Weisheiten von sich.  In der soeben zu Ende gegangenen Veranstaltung waren u.a. folgende Perlen zu vernehmen – eine Auswahl für den gequälten Leser:

* „Die Mehrheit unserer Finanz-Institute ist solvent“

* „Die Arbeitsmarkt-Reform wird die massive Zerstörung von Arbeitsplätzen in schlechten Zeiten verhindern“

* „Wir wussten, dass wir keine Wunder bewirken würden, aber mit der Beharrlichkeit werden auch die Ergebnisse kommen“

* „Die Regierung weiss genau, was sie tut. Wir werden diese Situation bewältigen.“

* „Wir werden alles dafür tun, dass die Skepsis gegenüber unserer gemeinsamen Währung verschwindet“

* „Ich brauche die Hilfe aller in dieser europäischen Schlacht.  Die Regierung ist dazu da, ihre Pflicht zu erfüllen; dazu wurde sie von den Spaniern gewählt.

* „Monti versucht sein Bestes, wie ich. Ich werde alles tun, was im Interesse aller Spanier liegt.“

* „Ich bin sehr zufrieden und glücklich mit meiner Regierung. Es wurden sehr schwierige Entscheidungen getroffen und ich bin sehr stolz darauf, wie sich die Regierungsmannschaft verhalten hat.“

… und zum Schluss auf die Frage, ob sich Spanien unter den Rettungsschirm begeben wird:

* „Ich habe diesbezüglich keine Entscheidung getroffen“

6 Kommentare zu “Bahnstreik Spanien: „Das haben wir jetzt von einer faschistischen Regierung!“

  1. Lynn sagt:

    Alles Geld von den Konten holen – aufhören zu arbeiten – Konsumboykott! Zum Schluss das korrupte Parasitenpack von ReGIERung entfernen!

    • R@iner sagt:

      „Das Geld auf den Konten“ gibt es gar nicht, bzw. nur in Form von Zahlen. Bei einem massiven Bankrun wären die Schalter recht schnell geschlossen und die Polizei würde die Portale der Banken und Sparkassen sichern.

  2. […] zu einem autoritären und neoliberalen Gebilde mutieren, die sozialen Spannungen würden sich in Streiks und Unruhen entladen. Dieser unausweichliche Niedergang Europas wäre der perfekte Nährboden für […]

  3. fischi sagt:

    Ich weiss von keiner Bahnprivatisierung, die den Reisenden einen Vorteil gebracht hat.
    In Großbritannien mußte die Privatisierung nach mehreren schweren Zugunglücken teilweise rückgängig gemacht werden.
    In Neuseeland wurde die Bahn 2008 von einem Privaten Investor wieder zurückgekauft, da war die Infrastruktur komplett niedergewirtschaftet.
    Und in den USA geht es auch nicht ohne Staat.
    Noch ein Beispiel: die Berliner S-Bahn, die wurde von der DB wegen dem geplantem Börsengang komplett auf Sparflamme gesetzt, Resultat war ein Hilfsfahrplan mit viel zu wenig einsatzbereiten Fahrzeugen.
    Wie auf einer Schiene ein Wettbewerb unter verschiedenen Bahngesellschafte gehen soll, erschließt sich mir nicht.
    Das geht entweder über Lohn oder Sicherheit, wobei Mitarbeiter, die nichts verdienen, auch mal ein Sicherheitsrisiko sind.
    Über die Sprüche das lass ich lieber, irgendwie Bäume, Stricke …

  4. Andreas sagt:

    Dann kommt der liebe Onkel Gruber und schon seid ihr Deutsche Bahn

  5. dank sagt:

    Es überrascht trotzdem immer wieder, wie selbstsicher Politiker in das Kameraauge lügen. Wer diagnostiziert eigentlich ein BurnOut bei Regierungen und oder deren Chefs? Manisch-depressiv wäre auch noch eine Möglichkeit, ob des Verschwindens seit Wochen und danach ein Hochgesang auf „alles wird/ist gut“.

    1-part Der große Ausverkauf

    Anbei noch ein LInk zu einer sehr netten staatlichen Firma, was sie macht und wie die Bevölkerung damit umgeht: Equitalia
    http://www.stol.it/Artikel/Chronik-im-Ueberblick/Chronik/Molotow-Anschlag-und-Ausschreitungen-Gewalt-gegen-Equitalia
    Ist alles schon älter, aber trotzdem ein Aufreger.

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