Supermarkt-Aktion: „Uns geht es wie Rajoy! Gefällt uns nicht, muss aber sein!“

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Der Bürgermeister von Marinaleda hat sich die Begründung für die drastischen Einschnitte und Streichungen der Regierung ausgeliehen, um die Supermarkt-Aktion zu begründen, über die wir berichtet hatten: „Uns geht es wie Rajoy! Die Massnahmen, die wir jetzt ergreifen müssen, gefallen uns nicht, sind aber unvermeidlich!“ – Juan Manuel Sánchez Gordillo hält es für vollkommen überzogen und albern, von einem „Überfall“ oder von „Raub“ zu sprechen. Er hält die Aktion für eine „friedliche Geste sozialen Ungehorsams“, verurteilt die Festnahmen und fordert den Rücktritt des Madrider Innenministers Jorge Fernández Díaz.

Zwei Supermärkte in Ecija und Arcos de la Frontera (Andalusien) waren von einer Gruppe Gewerkschafter um Waren erleichtert worden. Danach hatte es zwei Festnahmen gegeben. Beide Männer sind allerdings schon wiederauf freiem Fuss, auch wenn sie jetzt ein Verfahren am Hals haben. Juan Manuel Sánchez Gordillo kurz und bündig dazu: „Wenn Sie Delikte suchen, sollen sie die bei den Bankdirektoren suchen, da werden sie schnell fündig!“

Auf die Vorwürfe des andalusischen Regierungschefs, José Antonio Griñán, die Supermarkt-Aktion sei „ein Wahnsinn“ gewesen, antwortet Marinaledas Bürgermeister: „Viel mehr Wahnsinn sind die 1,25 Mio. Arbeitslosen in Andalusien, 34 Prozent der aktiven Bevölkerung. Wahnsinn sind die Korruptionsprozesse in der Politik oder die grossen Sportler Spaniens, die in Steuerparadiesen residieren und keine Steuern zahlen. Viele Dinge sind wahnsinniger als eine friedliche Aktion zivilen Ungehorsams in einer Krise, deren Schuldige Namen und Vornamen haben!“

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„Raub“ sei das ganz sicher nicht gewesen, was da in den Supermärkten in Ecija und Arcos passiert war, betont der Bürgermeister: „Wenn zehn Pakete Reis, Bohnen oder ein Liter Öl zu nehmen Raub bedeutet, was sind dann die Hunderttausende von Millionen Steuergelder, die abgezweigt werden, um Banken zu retten, die diese Summen verzockt haben? Unsere Supermarkt-Aktion war komplett gewaltfrei. Die Banken-Milliarden haben schon jede Menge Gewalt bewirkt und in Zukunft noch mehr.“ Wenn die Regierung weiterhin tue, was ihr nach Rajoys Aussagen nicht gefällt, wozu es aber keine Alternative gebe, dann müsste leider seine Gewerkschaft auch weiterhin tun, was ihr nicht gefällt, wozu es aber keine Alternative gibt, unterstrich der streitbare Bürgermeister. Kommende Aktionen müssten nicht in Einkaufszentren stattfinden, aber auch das wolle er „keinesfalls ausschliessen“.

23 Kommentare zu “Supermarkt-Aktion: „Uns geht es wie Rajoy! Gefällt uns nicht, muss aber sein!“

  1. […] sollten Sie unbedingt lesen: * Das Dorf Marinaleda in Andalusien Supermarkt-Aktion: Fortsetzung Bewerten:Share this:TwitterFacebookDiggLinkedInRedditStumbleUponE-MailDruckenGefällt mir:Gefällt […]

  2. almabu sagt:

    Er geht zweifellos den richtigen Weg, der Alcalde de Marinaleda, Juan Manuel Sánchez Gordillo, denn ohne hartnäckigen Widerstand und Kampf wird man gegen Rajoy & Co. nichts erreichen!

    • uhupardo sagt:

      Man kann nicht nur die anderen hobeln lassen und die Späne akzeptieren, die dabei fallen. Dagegen sind Worte zu wenig, wie schon der Subcomandante Marcos erfahren musste. Es braucht mehr Marinaledas und mehr solcher Bürgermeister con cojones.

  3. Ihr Spanier werdet mir immer sympathischer 😀

    • uhupardo sagt:

      Spanien hat einen Vorteil. Es ist uns schon oft genug schlecht gegangen. Wir kennen das erstens und haben zweitens trotzdem noch nie die Lebensfreude verloren. Auch nicht in den Zeiten massiver Auswanderung (50er, 60er) wegen nationaler Not. Man kann uns nicht mehr schocken. Das klappt vielleicht in Deutschland, in Spanien nicht.

      Deswegen lachen die Leute auf den Fotos von Massendemos immer noch, machen auch daraus einen Event (Motto: Nicht besser gut als schlecht fühlen, wenn schon Demo sein muss?). Vor allem aber hat hier niemand schlechte Zeiten vergessen, in denen Solidarität erste Bürgerpflicht war. Man hat damals zusammengehalten, man tut es heute. Deswegen irrt sich Rajoy, wenn er glaubt, dass er mit seiner brutalen Axt durch den Wald gehen kann, in dem statt Bäumen lächelnde Menschen stehen, die zwar knapp aus dem Weg gehen mögen, wo sich die Masse aber sofort wieder hermetisch schliesst wie ein Kuchenteig, wenn er weg ist.

      • Ja, das mag so sein.

        Ich denke, es gibt außderdem den Unterschied zu Deutschland, dass er eben mit der Axt durch den Wald geht – und entsprechendes Echo erhält.

        In Deutschland geht das schleichend, hier ein cent da ein cent, hier eine Verordnung (von der keiner etwas erfährt, bis er damit konfrontiert ist), da eine Verordnung (von der niemand etwas erfährt bis er damit konfrontiert ist) – und dann ist der- oder diejenige immer allein!

        Insofern ist das Ausplündern in Deutschland nicht geringer, es ist leiser, schleichender, infamer und gemeiner in der Durchführung und verhindert, dass sich die Menschen in ihrer Empörung vereinen und auf die Straße begeben. Die Gewerkschaften sind Anhängsel der SPD, die diese Politik nicht nur mitträgt, sondern sie durchgepeitscht hat. Außerdem hat die Gewerkschaft in der Zwischenzeit überhaupt nichts mehr zu sagen. Sie ist sauber (durch das Verbrechen „Leiharbeit“) ausgehebelt worden.
        Genauso ist es mit der Arbeitslosigkeit. Einer hat mal analysiert, auf Grund der Zahlen des Arbeitsamtes(!), dass die Arbeitslosigkeit in Deutschland bei 25 – 30 % liegt. Aber sie ist versteckt, hier eine „Umschulung“ (so genannte „Trainings-Maßnahmen, um zu lernen, „sich zu verkaufen“ – allein das eine Zumutung und Verbrechen! Menschen sind keine Ware und Arbeitlose keine Nutten!) und da eine „Maßnahme“ (Sklavenarbeit OHNE Bezahlung!) und die Betroffenen sind erpresst mit Kürzung des Nichts, was sie an Hartz IV erhalten und auch sie sind IMMER allein.
        Wenn sie partout nicht wollen und auch keine Kürzung hinnehmen wollen, können sie sich ja vom Psychiater bescheinigen lassen, dass sie „psychisch nicht fähig sind“…

        Auch hier wird die Infamie und Gemeinheit sichtbar, mit der in Deutschland vorgegangen wird!

        Aber es rumort unter der Oberfläche. Überall!

  4. Johannes Eber sagt:

    Wir haben doch in Europa Regierungen, welche ihre Kriminalität mit dem Gesetz legalisieren.

  5. Ja, es rumort. Die dominierende Gleichgültigkeit ist dennoch schwer zu ertragen. Seht dazu „Die Notwendigkeit gemeinsamen Widerstands“ von eurodemostuttgart.wordpress.com

  6. Johannes Eber sagt:

    @ Solveigh Calderin

    bestens geschrieben; ja genauso ist es in der „BRD GmbH“. Der „Bundesverband der deutschen Industrie“ ist und war maßgeblich an der Entwicklung beteiligt. Diese Organisation ein großer Ausbeuter des „deutschen Volkes“ und agiert gegen das Wohl des „deutschen Volkes“. Ich hoffe, daß die dafür Verantwortlichen eines Tages ihrer gerechten Strafe zugeführt werden.

    • Ich hoffe, daß die dafür Verantwortlichen eines Tages ihrer gerechten Strafe zugeführt werden.

      Das ist auch mein innigster Herzenswunsch!
      Und die Richter sollen die Menschen sein, die heute unter diesen Verbrechen der Konzern- und Banken-Eigentümer zu leiden haben.

  7. email sagt:

    Ich habe irgendwo eine Nachricht gelesen das die Spanische Regierung plant das Militär im Inneren einzusetzen.
    Keine Ahnung auf die schnelle wo das war.
    Uhu hast du davon noch nix gehört.
    Ich vermisse den artikel von dir dadrüber.

  8. email sagt:

    http://www.neues-deutschland.de/artikel/234723.spanien-armee-gegen-sozialproteste.html
    also hier ist die info.;)
    irgendwann mach ich selbst nen blog auf.

    • uhupardo sagt:

      Das ist nichts Neues. Kleiner Tipp: Wenn in einem Artikel die Formulierung im Kernthema „Damit soll offensichtlich …“ vorkommt, dann Stempel „Vermutung/Spekulatius“ drauf und in die Ablage.

  9. email sagt:

    ok es ist NOCH nicht amtlich, ich befürchte das wird sich schnell ändern.

  10. flurdab sagt:

    In Deutschland gibt es wohl auch die Tendenz die „Bundeswehr“ für den Einsatz im Inneren umzubauen.
    Dies wird jedenfalls von kritischen Kommentatoren aus den jüngsten Äusserungen unseres „Militär- Ministers herausgehört.

  11. hnn sagt:

    Da erscheint die Abschaffung der Wehrpflicht in ganz neuem Licht, nicht wahr? Die levee en masse wurde möglich durch die Identifikation des Individuums mit seinem Staat, seiner Nation, (später hat die Reaktion das mit dem Nationalismus des 19. Jahrhunderts allerdings pervertiert). Diese Zeit scheint mit dem Neofeudalismus nun zu Ende zu gehen, man braucht wieder stehende Heere, die man gegen die eigenen Massen einsetzen kann …

    • dank sagt:

      Tja, und die Realität überholt die Fiktion weiter:

      „Ausnahmesituationen katastrophischen Ausmaßes“.

      http://www.sueddeutsche.de/politik/verfassungsgericht-zu-bundeswehreinsaetzen-im-inland-karlsruhe-faellt-eine-katastrophen-entscheidung-1.1443401

      Die Europ. Länder bauen immer weiter vor…

      Schöne neue Welt.

      • dank sagt:

        ** Mit scharfen Worten kritisiert Gaier den von seinen Kollegen verwendeten Begriff eines „unmittelbar bevorstehenden“ Schadenseintritts „von katastrophischen Dimensionen“. Diese Formulierung werde der nötigen Klarheit und Berechenbarkeit nicht gerecht. „Es handelt sich um gänzlich unbestimmte, gerichtlich kaum effektiv kontrollierbare Kategorien, die in der täglichen Anwendungspraxis viel Spielraum für subjektive Einschätzungen, persönliche Bewertungspräferenzen und unsichere, wenn nicht gar voreilige Prognosen lassen.“ Und weiter: „Im Schatten eines Arsenals militärischer Waffen kann freie Meinungsäußerung schwerlich gedeihen.“ **

        http://www.n-tv.de/politik/Ein-Richter-stellt-sich-quer-article6995836.html

        Dazu noch ein Berufsheer… Wunderbar.

        • uhupardo sagt:

          Mit der schwammigstmöglichen „Definition“ wird der Einsatz des Militärs im Inland erlaubt. Wer angesichts solcher Geschehnisse nicht selbst zu denken beginnt, dem kann man vermutlich auch durch erklärende Artikel nicht mehr helfen.

      • Noch etwas Klartext für notorische Verdränger und Rosarotmaler:

        „“Entscheidend am Urteil des BVerfG ist, dass jetzt im Ernstfall die Kommandokette hält: Der einfache Kommandeur, der einfache Soldat wird nicht länger mit Hinweis auf das Grundgesetz den Einsatz von militärischer Gewalt gegen Mitbürger verweigern können. Wenn der Befehl kommt, wird auch geschossen werden müssen. Das ist ab heute die Rechtslage. Das war bis gestern nicht die Rechtslage.“ (eurodemostuttgart.wordpress.com)

        Vorteil: Tote wenden sich nicht mehr ans BVerfG.

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