Uni-Festakt gesprengt: „Tritt nicht zurück, stirb besser gleich!“

Hat nicht ganz so geklappt wie geplant: Mehr als 100 Professoren, Studenten und Angestellte der Madrider Universitäten haben heute Morgen die Veranstaltung gesprengt, die wie üblich das akademische Jahr festlich einleiten sollte. Sprech-Chöre wie „Wir zahlen eure Gebühren nicht“, waren dabei nur die harmloseste Version. Die Regierungschefin der Region Madrid, Esperanza Aguirre, war erst gar nicht geommen, weil sie genau wusste, was sie erwartet. Doch die Liebeserklärungen, die ihr auf den Transparenten gewidmet wurden, wird sie der Presse entnehmen können: „Politiker auf den Scheiterhaufen! Espe, tritt nicht zurück, stirb besser gleich!“

Statt ihr bekam so vor allem der politische Verantwortliche für die Universitäten, Jon Juaristi, die geballte Wut der Professoren und Studenten der sechs öffentlichen Unis in Madrid zu spüren: Complutense, Autónoma, Alcalá de Henares, Rey Juan Carlos, Carlos III und Politécnica. Rote Karten für die Rektoren wurden hoch gehalten, Rufe wie „¡Vergüenza!“ (Schande) und durchgehende Sprech-Chöre gegen die Kürzungen im Bildungsbereich sorgten dafür, dass die Veranstaltung erst gar nicht beginnen konnte. Eine Stunde lang versuchte man, die Protestierer zu beruhigen. „Im Namen der Universität bitte ich Sie um Respekt,“ verlangte der Rektor der UAM und Gastgeber José María Sanz, „es ist kein guter Moment für die öffentliche Universität, wenn Schreie das Wort verhindern.“

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Alles zwecklos. Am Ende verliessen Rektoren und Politiker den Saal durch ein Beschimpfungs-Spalier und der Festakt war zu Ende, bevor er begonnen hatte. José Carrillo, Rektor der Universidad Complutense, äusserte danach zwar Kritik an den protestierenden Studenten und Professoren – „Das ist nicht demokratisch und nützt den öffentlichen Unis nicht“ – aber auch Verständnis für ihr Anliegen: „Die Regierung der Region Madrid erdrosselt die öffentlichen Universitäten!“ Das Budget seiner Uni wurde in diesem Jahr um 25 Millionen und um 22 Millionen für 2013 gekürzt, erklärte er. Insgesamt belaufen sich die Streichungen für die Madrider Universitäten auf 175 Millionen Euro.

Die protestierenden Studenten und Professoren trafen sich nach dem gesprengten Festakt draussen auf dem Campus und beratschlagten, wie der Protest nun weitergehen soll. Ganz abgesehen vom Wetter in Madrid dürfte es ein heisser akademischer Herbst werden. Niemand hat die Absicht, um 50 bis 200% erhöhte Studiengebühren einfach zu durchzuwinken in einem Land, in dem die meisten Familien sowieso schon nicht mehr wissen, wie sie bis zum Monatsende kommen sollen.

7 Kommentare zu “Uni-Festakt gesprengt: „Tritt nicht zurück, stirb besser gleich!“

  1. fischi sagt:

    Solche Proteste sind in ganz Europa überfällig.
    Die Kürzungen finden überall statt.
    Alleine schon durch den Unfug der Bolonga Reform.
    Resultat werden dann amerikanische Verhältnisse, ein Start ins Arbeitsleben mit Schulden, Schulden, Schulden.

    • dank sagt:

      Bleibt zu hoffen das die Studis dran bleiben – das hat nicht erst einmal zu großeren gesellschaftlichem Umdenken geführt. Da drück ich die Daumen!
      Nachdem sich die Waldbrände, „dank“ des trockenen Wetters ausbreiten konnten, wieso sollte das nicht ähnlich mit Studentenprotesten sein?!
      Die Regierungen nennen das Unruhen – in Wirklichkeit ist es IMMER ein Protest. Egal wo, egal wann.

  2. AlterKnacker sagt:

    Hier sind die ‚Plagiate‘ für die Deutschen geradezu Pflicht. ‚Abkupfern‘ bei solchen Aktionen sollte als MUSS angesehen werden.

  3. landbewohner sagt:

    an deutschen hochschulen seh ich da keinerlei ähnliches kritisches verhalten. jahrelange politische enthaltung zu gunsten anpasser- und duckmäusertum zwecks „karriere“ fordern halt ihren preis.

    • uhupardo sagt:

      Man muss nur an 1968 denken, eine Situation, die ein ausgesprochener Treppenwitz der Geschichte war bzgl. Protestgründen verglichen mit heute, dann bleibt nur noch Heulen und Kopfschütteln angesichts von Studentenprotesten.

      • dank sagt:

        Ja, auch an den Hochschulen und Unis in DE hat der Neocon-Gedanke das Denken vernebelt und statt dessen der Leistungsdruck und Tothetop-Denken die Freiheit beendet.

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