Merkels Eiertanz um die spanische „Rettung“

rettung

Sicher ist nur, dass das spanische Rettungsersuchen kommen wird.  Wann, weiss derzeit niemand so genau.  Nicht einmal Rajoy vermutlich, der gestern auf die Frage, ob seine Regierung unmittelbar davor stehe, Hilfe zu beantworten, mit einem knappen „No“ antwortete.  In Berlin sind die Gefühle diesbezüglich mehr als zwiespältig. Einerseits möchte man Spanien möglichst bald unter dem Rettungsschirm sehen – andererseits ja, nein, lieber nicht. Die „nein-keinesfalls-vielleicht-doch-na-gut-alternativlos“-Regierungschefin hat Angst vor dem eigenen Bundestag.

Schon im Sommer hatte das Stimmungsbild im deutschen Parlament gezeigt, wie heiss das Thema ist. 473 Stimmen für die spanische Bankenrettung, 93 dagegen, 13 Enthaltungen. Frontal dagegen war nur Die Linke. SPD und Grüne hatten ihren Abgeordneten empfohlen, mit der Regierung dafür zu stimmen. Trotzdem gab es am Ende mehr als ein Dutzend SPD-„Dissidenten“ und einen von den Grünen. Entscheidender aber waren die Abweichler in Merkels eigener Koalition. Aus den Reihen von CDU/CSU stimmten 13 Parlamentarier dagegen, neun Nein-Stimmen gab es von der FDP. Merkels Regierung verfügt über 330 der insgesamt 620 Stimmen, doch nur 301 waren für die spanische Bankenrettung zu mobilisieren.

Diese Opposition in den eigenen Reihen sorgt nun dafür, dass es Merkel und Schäuble mit dem Rettungsersuchen des spanischen Staates keineswegs eilig haben. Sie wissen, dass ihre Regierung erneut beschädigt würde, sollte Mariano Rajoy jetzt um Hilfe bitten. Deswegen schwadroniert Schäuble seit einer Weile ständig davon, Spanien sei „auf einem guten Weg“ und brauche keinen Rettungsschirm. Madrid werde „das Vertrauen der Investoren durch seine engagierten Reformen auch so zurück gewinnen“. Verbalqualm der feinsten Art natürlich. Weder in Madrid noch sonstwo hat man irgendeinen Zweifel daran, dass das Rettungsersuchen kommen muss und kommen wird. Allein der Zeitpunkt ist noch diskutabel. Trotzdem versucht man in Berlin, im Schützengraben in Deckung zu bleiben, solange es an der Front keine Schusswechsel gibt.

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Eiertanz in Schwarz. Und Gelb.

Da kommt die interne Diskussion in Brüssel wie gerufen. Dort überlegt man schon, ob man den unvermeidlichen Ärger nicht vielleicht mit einem Aufwasch erledigen könnte, insbesondere angesichts der deutschen Diskussion um die Milliardenbeteiligung am ESM. Die erneute Geldbedarf Griechenlands, das Rettungsersuchen aus Zypern und Spaniens offizieller Hilferuf – eventuell könne man all das in einer einzigen lästigen Parlamentssitzung konzentrieren und zusammen erledigen, lautet die Idee. Drei Fliegen mit einer Klappe. Doch dazu müsste man die Milliarden-Anforderungen zeitlich irgendwie koordinieren. Nicht einfach, aber auch nicht unmöglich.

Angela Merkel weiss genau, dass sie bei den nächsten „Rettungen“ vom Bundestag besonders hart rangenommen werden wird. Deswegen hat ihre Regierung, weniger als ein Jahr vor den kommenden Wahlen, keine besondere Eile und will Madrid nicht zum Rettungsersuchen drängen. Einerseits. Andererseits glaubt niemand so recht daran, dass Spanien noch ein Jahr ohne Hilfe ausharren kann. Je näher die Bundestagswahl also rückt, desto mehr könnten Merkel die nächsten Milliardenanforderungen aus Madrid, Griechenland, Zypern im eigenen Wohnzimmer explodieren. Ein Drama ist ein Handlungsstrang mit zwei möglichen Lösungen – beide führen geradewegs in den Tod. Da bleibt man am besten bei der Strategie, die man inzwischen perfekt beherrscht: nein-keinesfalls-vielleicht-doch-na-gut-alternativlos.

16 Kommentare zu “Merkels Eiertanz um die spanische „Rettung“

  1. Timbo sagt:

    Ich liebe die Berechenbarkeit der Politiker. Egal ob Doktorarbeit, Hausfinanzerung oder Wiederwahl – dem eigenen politischen Überleben wird alles untergeordnet.

    ps: Darf man hier auch Links posten? Bei einigen Spaniern liegen die Nerven wohl schon blank: http://www.lavanguardia.com/politica/20120928/54352005936/vidal-quadras-intervenir-catalunya-guardia-civil.html

    (Red.: Die Geschichte des noch nie besonders zurechnungsfähigen Vidal Quadras – in diesem Thema allerdings off topic – gibt es hier auch auf Deutsch.)

  2. Deutschländer sagt:

    Ich verabscheue die Merkelsche Regierung bis aufs Blut, auf der anderen Seite wundere ich mich, warum Südeuropas Regierungen an ihrem Rockzipfel hängen??
    Seltsamerweise ist es der komplette Rest der Welt, der auf Deutschland in der Eurokrise schaut, ob der merkelsche Daumen nach oben oder nach unten geht, irgendeine andere ernstzunehmende Kompetenz scheint es nicht zu geben.
    Auch im letzten Beitrag, wie immer ein Seitenhieb auf die deutsche „Demonstrations(un)kultur“ „deutscher Michel“ etc..
    ..ist es nicht ein bischen Bluna immer und immer wieder die deutsche Bevölkerung für etwas einspannen zu wollen womit diese nichts am Hut hat?
    Wir haben genug eigene Probleme, löst das spanische/italienische/griechische/portugiesische Problem ohne Deutschland, dann gibts kein Stress..

    Wie? ..geht nicht? warum??

    • uhupardo sagt:

      „Wir haben genug eigene Probleme, löst das spanische/italienische/griechische/portugiesische Problem ohne Deutschland, dann gibts kein Stress..“

      Sie haben so viel Zusammenhänge entweder nicht bedacht oder kennen Sie gar nicht, dass Ihnen ohne eine sehr lange Liste kaum zu helfen wäre. Das ist hier nicht zu leisten. Deswegen bleibt es beim generellen Statement: Nicht Europa hängt an den Lippen von Angela Merkel, weil den Regierungen der einzelnen Länder nichts Besseres einfällt – sondern Merkel hat sich zur Sparkommissarin Europas aufgeschwungen und die Berliner Regierung besteht darauf, die Linie vorzugeben und eigene Zustimmung als Vorbedingung für jede Entscheidung zu machen. Deswegen ist es auch richtig, dass sie am Ende die grösste finanzielle Verantwortung tragen wird (bezogen wohlgemerkt auf die deutsche Regierung, nicht auf die Bevölkerung).

      (Hier allerdings sowieso off topic, denn im Beitrag geht es an keiner Stelle darum, wer oder nicht an Merkels Rockzipfel hängt.)

      • Deutschländer sagt:

        ..ja, und?
        Merkel und die Regierung kann sich auch zum Cäsaren krönen (überspitzt) und allesamt in Eselmilch baden, warum verdammt nochmal schafft es die Südperipherie nicht erwachsen zu werden?
        Einfach nein sagen, Deutschland aus der Währung entlassen und künftig als privilegierter Anwärter einstufen mit der Möglichkeit einer späteren Wiederaufnahme in den Euro bei Wohlverhalten..

        • uhupardo sagt:

          „..ja, und?
          Merkel und die Regierung kann sich auch zum Cäsaren krönen (überspitzt) und allesamt in Eselmilch baden, warum verdammt nochmal schafft es die Südperipherie nicht erwachsen zu werden?“

          Kleiner Tipp: Regierungskonstellation zum Beispiel in Italien oder Spanien analysieren.

  3. Johannes Eber sagt:

    Ob „Merkel/Schäuble“ oder „Steinbrück/Steinmeier“, CDU/CSU/SPD/GRUENE und FDP, alles die gleichen Lügner. Lesen Sie dazu unbedingt: http://www.timepatternanalysis.de/Banken: das große zittern

    • garlic221 sagt:

      Dein gelinkter Link funktioniert nicht.

    • Andreas Schmitt sagt:

      Wieder mal die Banken sind schuld. Dabei seht doch im gelinkten Artikel:“ Aktionäre und Gläubiger von Banken in Schieflage wurden nicht in die Haftung genommen.

      Quelle: http://www.timepatternanalysis.de/Blog/2012/10/01/banken-das-grose-zittern/

      Genau, die Vermögenden, die vor einem Verlust standen haben die Politiker angewiesen, daß man die faulen Papiere nicht entwertet sondern auf das Konto der Staatsverschuldung bucht. Und jetzt wollen die Reichen der Welt nicht meht die Staaten finanzieren. Sie sagen den Griechen, den Spanier usw. Ihr seid zu hoch verschuldet, wir wollen ein Risikoaufschlag. Das kann doch jeder vergleichen. Die Staatsverschuldung vor 2008 und danach 2009: z.B Griechenland:von 113 auf 129%, Spanien von 40 auf 53%, Deutschland 66,7 auf 74,4% BIP.
      Ja, die Reichen dieser Welt haben ihr Vermögen gerettet und ihr quatscht ständig nur von Banken. Nicht die Banken haben die Politiker erpreßt, das waren diejenigen, die diese Vermögen bei den Banken besitzen. Man hätte auch diese ganze ´Vermögen bei den Banken aus der Bilanz steichen können und auf der anderen Seite auch die Schulden. Den Banken wäre das egal, weil bilanzneutral! Nein, man hat den Schrott stattdessen in die Gewinn und Verlust-Rechnung umgebucht und die Banken sind pleite gegangen.
      Wir retten nicht die Banken, wir retten die Vermögen der Milliardäre! Wir müssen aber 225 Billionen Dollar retten, bei 65 Billionen Weltsozialprodukt. Es heist aus einem 1! real verdienten Dollar müssen wir Zinsen, Mieten und Pachten, und Gewinne für 3! Dollar VERMÖGEN bezahlen. Ob das noch lange gut geht?

  4. ich gehe davon aus dass im Kommenden, den Einheitsparteien die Einigkeit noch mehr abhanden kommen wird. Dieser Zerfall ist auch bei anderen Macher-Gruppen zu beobachten.
    Der Währungskrieg den die USA gegen die €-Zone lostrat zeigt Wirkung.
    Auch der außerparlamentarische Widerstand wächst und gedeiht.
    Der zu erwartende Niedergang der Realwirtschaft sollte seine Wirkung entfalten und ja der Wahltag tik tak…..
    Bleibt sich abzuwarten ob die erhoffte Rettung der Zone unter dem ESM, solange hält, bis USA England Japan zu erst die Waffen strecken.
    Barrosos Traum vom Empire kommt in die Aufwachphase und das System zeigt sich von seiner besten Seite.

  5. Bonsta sagt:

    Merkel hat sich selbst in diese Situation manövriert. Sie hat außer Lippenbeknntnissen nie wirklich die europäische Idee verteidigt und lieber populistische Stammtischphrasen gedroschen. Dass sie wirklich geglaubt hat, damit würde sie auf Dauer durch kommen, lässt allerdings tief blicken.

    • dank sagt:

      „Sie hat außer Lippenbeknntnissen nie wirklich die europäische Idee verteidigt… “
      Schlimm ist ebenfalls, dass MSmedial nicht mehr unterschieden wird, zwischen Eurozone und Europa und so weiter alle an der Nase rumgeführt werden, was die Zukunftswünsche und -träume betrifft. Ja, Weichspülzeit und Gleichschaltsprech.
      Es wird so weit getrieben, dass die Menschen Europa nicht mehr wollen, obwohl die Währung die Leute/Länder irre macht, was ja selbst in dem Punkt natürlich viel zu kurz greift, da die Probleme in ganz anderen Ebenen zu finden sind, was hier und in anderen Blogs (*Dem freien Web ein langes Leben!) wunderschön aufgezeigt wird.

  6. ichbindaswortistich sagt:

    Tatsächlich dünkt es für Merkel und Konsorten überhaupt keine Rolle zu spielen, wer wann wie gerettet wird. Es verhält sich doch so: Wir sitzen in einem Zug, der auf einen Abgrund zu rast.Die rationalste Entscheidung bestünde darin, unmittelbar abzuspringen. Merkel und Konsorten jedoch sagen uns: »Laßt uns doch bis in das vorderste Abteil gleich hinter der Lokomotive gehen, vielleicht können wir den Zug ja noch anhalten!« Dem stehen indes zweierlei Dinge im Wege: zum einen ist die Kabine fest versiegelt (mit Dummheit und Borniertheit), zum andren wird der Zug längst in den Abgrund gestürzt sein, bevor wir auch nur die Hand an die Klinke des vordersten Abteiles legen können werden.
    Gleichviel, ob Griechenland, Spanien oder irgendein andres Land, die Schulden werden immer größer, und selbstredend werden sie niemals abbezahlt werden können. Ein internationaler Schuldenerlaß wäre für alle am besten, aber selbstredend wird das Kapital dies nicht zulassen.

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