So weit ist es gekommen: „Erst muss Europa seine Hausaufgaben machen!“

GuiMan1

Guido Mantega ist der einzige brasilianische Minister, der durchgehend seit sechs Jahren im Amt ist. Verantwortlich für Finanzen, starker Mann des Kabinetts von Dilma Rousseff und internationaler Währungsexperte. Mantega war der wichtigste Akteur des brasilianischen Wirtschaftswunders in der zweiten Legislaturperiode von Luiz Inácio Lula da Silva (2003-2011). Und nun lesen Sie selbst:

Nur zwei Antworten aus einem längeren Interview, das die spanische Zeitung „El País“ mit dem Minister führte.

Wenn Sie sich auf den Standpunkt von Spanien, Portugal und Griechenland stellen, finden Sie die deutsche Haltung akzeptabel?

Ich denke, Deutschland sieht das sehr einseitig. Die Forderung nach wirtschaftlicher Konsolidierung erscheint mir logisch mit Blick auf die deutschen Wähler, die nicht die Rechnung anderer Länder bezahlen wollen. Aber die Deutschen werden auch verlieren, wenn die spanischen Banken pleite gehen. Berlin sollte flexibler sein. Schauen Sie, welche riesigen Anstrengungen die Regierungen Spaniens und Portugals leisten. Deutschland sollte flexibler sein und den Ländern helfen, statt ihnen das Messer an die Kehle zu setzen.

Im vergangenen Jahr erwähnten Sie die Möglichkeit, im Rahmen des Internationalen Währungsfonds, Europa finanziell zu helfen, um die Krise zu überwinden. Gilt das noch?

Diesen Vorschlag gibt es weiterhin. Aber bisher hat Europa unsere Bedingungen wie die Handlungsfähigkeit des Europäischen Stabilitätspakts nicht erfüllt . Unsere Absicht ist es, die Hilfe freizugeben, nachdem die europäischen Hauptstädte ihr eigenes Investment getätigt haben. Dafür haben die BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) auf ihrer Sitzung im Juni in Los Cabos, Mexico, eine Erhöhung unserer Zahlungen an den IWF um 80 Milliarden Dollar vorgesehen.

Quelle

14 Kommentare zu “So weit ist es gekommen: „Erst muss Europa seine Hausaufgaben machen!“

  1. Axel sagt:

    Was bedarf es noch, bevor man „oben“ aufwacht …..

    Was bedarf es noch, bevor wir „unten“ aufwachen und aufstehen ……

    Unsere „Fachleute“ gehören, ob in Brüssel oder Berlin, wirklich bestraft für diese Schäden an ihrem Land, ihrem Volk ….

    In anderen Zeiten hätte man sie Volksschädling genannt und das trifft es auch, auch wenn wir Gottlob lange von „diesen Zeiten“ weg sind.

    Hier und heute tritt man zurück, wähnt sich in amnestie und erhält weiter für miserabelstes unqualifiziertes , ja kriminelles Arbeiten, zu Lasten des Arbeitsgebers (Staat= Steuerzahler), auch noch weiterhin alle Bezüge und Vergünstigungen. – das ist ein Hohn gegenüber jedem normalen Arbeitnehmer..

    Wem hier die Ungerechtigkeit unseres Landes nicht mehr bewusst wird ………..dann weiß ich ehrlich gesagt auch nicht mehr, dem ist dann einfach nicht zu helfen.

  2. hajac sagt:

    So sieht man, was man von den Geschwafel der Politiker hinsichtlich ihrer „Verantwortung“ zu halten hat.
    Täuschung, nichts als Täuschung.

  3. Interessant was Herr Mantega sagt: Erst muss Europa seine Hausaufgaben machen.

    Heute wurden die aktuellen Zahlen zum brasilianischen Wirtschaftswachstum 2012 veröffentlich.

    2011 Wirtschaftswachstum 7,5 %
    2012 Wirtschaftswachstum 0,9 %

    Herr Mantega sollte nicht nach Europa starren und gute Ratschläge verteilen, sondern lieber mal vor seiner Haustür die brasiliansiche Realität betrachten!

    Brasilien schliddert in die Inflationsfalle. Da hilft auch die Propagandamaschinerie der brasilianischen Regierung nichts.
    Und die brasilianische Zentralbank versucht gerade den Real zu stützen.
    Noch besser ist der Rechentrick der brasilianischen Regierung:
    Die Armutsgrenze wurde von der Regierung auf 70 brasliansiche Real festgelegt. Ca. 27 Euro.
    Hat man 71 Real zur Verfügung, dann ist man nicht mehr arm. 1 Real ca. 0,38 Euro.
    Kein Wort darüber, das Lebensmittel teilweise 30 bis 50 Prozent teuerer geworden sind.
    So rechnet man Millionen von Armen aus der Armutsstatistik raus.
    Also Herr Mantega: Hausaufgaben machen und danach große Reden schwingen!

    • Uhupardo sagt:

      Kleine Korrektur:
      2010 Wirtschaftswachstum 7,5 %
      2011 Wirtschaftswachstum 2,7 %
      2012 Wirtschaftswachstum 0,9 %

        • Uhupardo sagt:

          Keinerlei Tragik, ruhestoerer. Es ist übrigens unbestritten so, dass es weiten Bevölkerungsschichten Brasiliens – beinahe kann man sagen erstmals – in den letzten Jahren spürbar besser geht. Das hat nicht so sehr mit der Armutsgrenze zu tun, die sich die Regierung natürlich weitmöglichst schönrechnet, sondern eher mit der Tatsache, dass die Einwohner der Favelas (Slums) in vielen Teilen des Landes endlich eine Postadresse bekamen, ohne die man u.a. weder ein Konto noch einen Arbeitsplatz erhält. Dabei darf man allerdings nicht vergessen, dass Brasilien ein riesiges Land ist und die Verbesserung ungleich verteilt ist (im Süden mehr als im Nordosten beispielsweise).

          • Ich gebe Ihnen recht, dass es einigen teilweise besser geht.
            Jedoch:
            1. Ein temporärer Vergleich von Zuständen ist meist schwierig und oft auch tückisch. Denn fast jedem Deutschen geht es heute besser als Karl V. Kaiser des heiligen römischen Reiches deutscher Nation. (Karl hatte leider auch keine permanente Postanschrift und kein Bankkonto ;-)).
            Natürlich ist dieser Vergleich von mir mehr als überzogen, zeigt aber die Schwierigkeit von zeitlichen Vergleichen.

            2. Es gibt keine Einwohnermeldegesetzt wie in Deutschland. Keiner überprüft, wer wo wohnt oder lebt. Nichtmal die Polizei weiß oftmals, wo Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ihren Wohnsitz haben. Auch heute werden die Postanschriften von Freunden und Verwandten benutzt, wie vor Jahrzehnten. Also keine für mich ersichtliche Verbesserung des Zustandes.

            3. Verbesserungen der letzten Jahre:
            Neue Krankenhäuser wurden errichtet, aber es fehlen Ärzte, medizinisches Personal oder technisches Gerät/pharmazeutische Produkte. Kinder ersticken in der Notaufnahme, weil sich niemand dafür interessiert. Frisch operierte alte Menschen liegen auf dem Krankenhausboden in den Gängen, weil keine Betten frei sind und verenden.
            Viele neue Stellen bei der Polizei. Die Verbrechenswelle rollt jedoch weiter. 43.000 Morde pro Jahr sprechen eine andere Sprache – wahrscheinlich über 50.000. 2012 über 100 ermordete Polizisten allein in Sao Paulo.
            Es herrscht teilweise Bürgerkrieg – Drogendealer gegen Polizei. Polizei gegen Bürger. Polizei gegen Polizei. Drogendealer gegen Drogendealer.
            Neue Straßen, die aber dem ansteigenden Straßenverkehr nicht standhalten. Teilweise ziel- und planlos in die Landschaft gesetzt.
            Und und und.

            4. Ja die Favelas:
            Wenn ich übermorgen wieder durch eine Favela gehe, dann frage ich mal nach, warum die Mutter ihre minderjährige Tochter immer noch für 2 kg Rindfleisch anbietet. Was das kleine Mädchen darüber denkt, das der Mörder ihrer Mutter immer noch frei rumläuft, der die Mama vor 5 Jahren vergiftet hat und die Polizei und Justiz es nicht geschafft haben, den Mörder in den Knast zu stecken, obwohl es jeder weiß.
            Was die Mutter und Ehefrau über die neuen Straßen denken, die ihren Sohn und Ehemann am 14.02.2013 durch einen Motorradunfall verloren haben.

            Tut mir leid. Aber ich sehe die Wirklichkeit anders. Vielleicht liegt es an meinem Idealismus.
            Ohne Probleme könnte ich eine Buchreihe über die Zustände veröffentlichen.

            • Uhupardo sagt:

              Brasilien ist ein schwieriges Thema, schon wegen der riesigen Grösse des Landes, die Buchreihe hat Berechtigung. Man kann unmöglich über „Brasilien“ reden, weil man unmöglich über Rio und Minas Gerais oder eben über Piaui und Paraiba im selben Satz sprechen kann, ganz egal, worum es geht. Lassen Sie es mich so sagen: Es gibt immer noch Missstände ohne Ende, wer wollte das bestreiten, unglaublich viel zu tun. Dennoch sehe ich zu der Situation vor 15 oder 20 Jahren (das ist weit weg von Karl V. und beinahe gestern gewesen) in vielen Bereichen deutliche Verbesserungen, die so wohl nicht eingetreten wären, wenn weiterhin die zehn reichsten Familien, Collor de Melo & Cia., fast automatisch den Präsidenten gestellt hätten. Man kann über Einzelheiten von Sozialprogrammen lange diskutieren. Tatsache bleibt: Jetzt gibt es welche, vorher wäre dasder bis dahin herrschenden Kaste nicht eingefallen.

              Das ist zumindest persönliche Erfahrung in verschiedenen Teilen des Landes.

  4. dank sagt:

    „Jetzt gibt es welche, vorher wäre das der bis dahin herrschenden Kaste nicht eingefallen.“

    Wegen der Liebe zu den Menschen und ihren Bedürfnissen oder war es nicht eher Zwang? Da sonst der herrschenden Kaste der Himmel auf den Kopf gefallen wäre und sie ansonsten ihre Ländereien und Kinder nicht mehr schützen könnten und proforma Lösegeld übergeben müssten?!

    Gegen oben geht es leider all zu oft nur mit Zwang, welcher Art auch immer.

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