Aus verschiedenen Stadtteilen Madrids treffen gerade Demonstranten im Sternmarsch an der Puerta del Sol in Madrid ein. Es ist längst nicht nur der 2. Geburtstag der Bürgerrechtsbewegung 15-M – viel mehr soll auch heute der geharnischte Protest gegen die Massnahmen der Regierung von Mariano Rajoy Vorrang haben, die Spanien ins Elend stürzen. Während die Zinsen für Staatsanleihen wieder auf einem finanzierbaren Niveau angekommen sind und die Börsen steigen, sind inzwischen fast zwei Millionen Familien ohne jedes Einkommen, sechs Millionen Menschen sind arbeitslos.
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Deutschland gegen Europa
Die spanische linksliberale Tageszeitung „El País“ veröffentlichte heute auf ihrer Webseite einen Kommentar des Ökonomie-Professors Juan Torres López von der Universität Sevilla. Doch schon bald darauf war der Artikel wieder verschwunden. Es hatte dutzendweise Proteste aus Deutschland gehagelt, wie man denn um Himmels Willen Merkel und Hitler vergleichen könne. Daraufhin nahm der Verlag den Artikel vom Netz wegen „Behauptungen, welche die Zeitung für unangebracht hält“. Wir sind dagegen der Meinung, dieser Text sei problemlos zu veröffentlichen und halten die Entscheidung des Verlags schlicht für feige und falsch. Deswegen lesen Sie und urteilen Sie jetzt einfach selbst.
Rajoy will jetzt einen „virtuellen Kredit“ statt Staatsrettung
In einem globalen Spielcasino, in dem komplett inhaltsleere Zockerpapiere von Banken als „Finanz-Produkte“ verkauft werden dürfen, ist praktisch alles erlaubt. Wenn man Geld braucht, erfindet man ein neues „Produkt“. Wichtig ist nur, dass damit Gewinn gemacht werden kann. Das hat auch Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy jetzt verstanden und arbeitet auf einen „virtuellen Kredit“ hin, um eine „Rettung“ zu vermeiden und so sein Gesicht zu wahren. Die Frage wird am Ende – wie immer – sein, ob Angela Merkel den Daumen hebt oder senkt.
Historischer Tag: Draghis Bazooka, Spaniens „Teil-Rettung“ und Rajoys Hoffnung
Jetzt ist das Kaninchen aus dem Zylinder! Ja, die Europäische Zentralbank wird praktisch unbegrenzt Staatsanleihen kaufen und ja, Spanien wird dafür eine Rettung beantragen müssen, aber keine komplette. Und der Madrider Regierungschef Mariano Rajoy hofft inständig, dass allein diese heutige Ansage reicht, um die Situation zu entschärfen, ohne dass er am Ende das Rettungsersuchen überhaupt aussprechen muss. Das sind die wichtigsten Ergebnisse eines wahrhaft historischen Tages, den wir in einfachen Worten für Sie zusammenfassen.
Merkel und Montoro zerstören das Vertrauen der Märkte mit zwei Sätzen
Was ist wichtig? Das Vertrauen der Märkte ist wichtig. Nur das ist wichtig. Wissen wir doch längst alle. Ohne das Vertrauen der Märkte wird sich die Krise nicht beruhigen. Und wer sorgte dann heute im Plauderton und ohne Not dafür, dass genau dieses Vertrauen der Märkte möglichst schnell schwindet: Die Bundeskanzlerin und der spanische Finanzminister! Der Erfolg stellte sich sofort ein: Die Risikoprämie Spaniens stieg auf 570 Punkte, die Zinsen für Staatsanleihen auf sieben Prozent und der Börsenindex zeigte plötzlich abwärts.
Das ging heute ganz schnell. Von der neuen bundesdeutschen DIN-Farbskala kam die so wahre wie stupide Binsenweisheit, die Kanzlerin könne „für den Erfolg des Euro nicht garantieren“. Ein wahrhaft kluger Satz, der welche Botschaft enthalten sollte ausser „die Märkte“ zu verscheuchen? Und weil das noch nicht genug war, kam der Finanzminister Spaniens mit einem weiteren Verbal-MG um die Ecke: „Es ist kein Geld da; wenn die Steuereinnahmen nicht steigen, sind die Gehaltszahlungen in Gefahr“, bewarb sich Cristobal Montoro als ökonomischer Vertrauensbotschafter.
Sofort verlor der IBEX Punkte und die Risikoprämie stieg zusehends auf ein Niveau, dass die Zinsen für Staatsanleihen auf sieben Prozent brachte. Der Euro sackte gegenüber Dollar und Yen ab. Wahrlich eine rhetorische Glanzleistung der „verantwortlichen“ Politiker, die sich so bemühen den Euro zu retten, „weil Europa kaputt geht, wenn der Euro kaputt geht“. Bravo Señora, bravo Señor!
Rajoy: Schlimm wenn er schweigt, schlimmer wenn er redet
Sehr lästig; bei solch einem Titel muss man „Rajoy:“ davor schreiben, sonst glauben alle automatisch, der Artikel drehte sich um Uli Hoeness. Hätte der spanische Herr Ministerpräsident gestern den Mund gehalten, wäre er auch nicht Philosoph geblieben, um einen Klassiker zu zitieren. Doch mindestens wäre dem Land diese armselige Vorstellung erspart geblieben. Da gibt Rajoy die erste, hemmungslos improvisierte, Pressekonferenz nach monatelangem Schweigen – und sagt dann nichts, was auch nur entfernt Hand und Fuss hätte. Die logische Reaktion folgte sofort: Die Risikoprämie stieg wie der Milchschaum auf dem Ofen, die Bankia-Aktien blieben tief im Keller. Schon der Ort für die Pressekonferenz war so passend gewählt wie ein Wiener-Walzer-Wettbewerb auf dem Kartoffelacker.
Murmeltier: Merkel lehnt Euro-Bonds vor dem Gipfel strikt ab
Deutschland lehnt Euro-Bonds strikt ab. Solche gemeinsamen Schuldenpapiere seien nach den EU-Verträgen sogar verboten, liess man in Brüssel verlauten. Das Land, das als erstes die Maastricht-Kriterien verletzte, kennt sich urplötzlich gut aus, was die Gesetzeslage angeht. Damit steht die Front – schief, aber sie steht: Deutschland gegen Francois Holland, OECD, IWF, Barroso und den EU-Währungskommissar Olli Rehn, der sich gerade gestern noch deutlich für Euro-Bonds ausgesprochen hatte. Damit dürfte der „Wachstumsgipfel“ heute bereits im Vorfeld zu „Schall und Rauch“ verdammt sein.
Ganz am Ende wird Merkel den Euro-Bonds dann doch zustimmen, die auch nur eine andere Form der gemeinsamen Finanzierung sind als die Aufkäufe von Staatsanleihen durch die Zentralbank – aber das sagten wir bereits am 25. November. Manches braucht etwas länger …
In einfachen Worten: Warum Spaniens Staatsbankrott unausweichlich ist
Allein im März sind die Immobilienpreise in Spanien um 11,5 Prozent zum Vorjahresmonat gefallen. Seit Ende 2007 damit um insgesamt fast 30 Prozent. Und immer noch liegt der Markt vollkommen brach, die vielen Makler, die sich über Jahrzehnte goldene Nasen verdient haben, verkaufen schlicht nichts, gar nichts. Nicht wenige von ihnen haben sich inzwischen auf andere Geschäftszweige verlegen müssen, um irgendwie ihren Lebensunterhalt zu sichern. Diese Situation wird sich auch mittelfristig nicht ändern können – und genau daran wird Spanien zugrunde gehen müssen, weil die Regierung die Risiken der Immobilienblase unverständlicherweise noch immer weit unterschätzt.
Rajoy flüchtet durch die Hintertür des Parlaments vor den Journalisten
Wenn der Regierungschef Angst hat, die Fragen der nationalen Presse zu beantworten, muss man tatsächlich Angst vor den Antworten haben. Es gab keine verbale Beruhigungspille von Mariano Rajoy (Partido Popular) heute in der Parlamentssitzung und auch nicht danach. Kein Wort zur abstürzenden Börse, kein Wort zu den steigenden Zinsen für Staatsanleihen, kein Wort zum neuen Sparprogramm in den Bereichen Bildung und Gesundheit. Nach der Sitzung flüchtete der Regierungschef eiligst durch die Hintertür …
Bestandsaufnahme in der Krise – was ist passiert und wie geht´s weiter?
„Bei dem ganzen Nachrichtenwust blickt man doch kaum noch durch … wer hat denn die Zeit, sich ständig auf dem Laufenden zu halten“, hiess gestern ein Leserkommentar. Das war der Anstoss zu diesem Artikel, der versucht, das Ganze in einen griffigen, wenn auch nicht detaillierten Zusammenhang zu setzen, unterlegt mit Links zu früheren Uhupardo-Texten. Eine Momentaufnahme mitten in der Krise und ein Ausblick auf die Zukunft, wie immer in möglichst einfachen Worten, um jeden mitzunehmen.