Benedikt oder Maledikt? – Feiger Papst auf Kuba

 

Man kann es ein perfektes Joint-Venture nennen. Oder eben ein schmutziges Geschäft. Je nachdem, wie weit man die political correctness treiben will, wenn der Führer der weltweit grössten Sekte eine brutale Diktatur besucht und das Motto „Eine Hand wäscht die andere“ in Leuchtschrift über der Veranstaltung steht. Selbst die „Damas de blanco“ wollte Papst Bendikt nicht empfangen, „weil es nicht in den Terminplan passt“. Aber perfekt ins Konzept dieses Besuches!

Von 11 Millionen Kubanern sind 4,7 Mio. katholisch getauft. Eins haben sie fast alle gemeinsam: Sie sind Karteileichen. Wer auf Kuba über Land fährt und sich mit den Menschen unterhält, bekommt nicht selten ein „si“ auf die Frage „Sind Sie katholisch?“ – und gleich danach ein Schulterzucken oder einen völlig indifferenten Gesichtsausdruck präsentiert. Katholische Gläubige gibt es nur ganz wenige im Regime der Castros. Gerade einmal 150.000 von 11 Millionen besuchen die Sonntagsmessen. Man ist halt irgendwie katholisch, was soll´s.

Nach der Machtergreifung hatte Fidel Castro damals begonnen, antireligiöse Massnahmen umzusetzen. Der grösste Teil der Geistlichen und Mönche – fast alle Spanier – wurden dabei aus dem Land gejagt. Nur 200 blieben übrig. Religion passte nicht zur kommunistischen Revolution.  Viel später, im  November 1996 empfing Papst Johannes Paul der II. im Vatikan Fidel Castro. Im Januar 1998 unternahm derselbe Papst eine pastorale Reise nach Kuba. Bei der Papstmesse auf dem Platz der Revolution in Havanna war etwa eine Million Kubaner anwesend. Viele waren „befohlen“, andere erwarteten einfach Lockerungen des diktatorischen Würgegriffs vom Mann mit der langen Kutte.

Heute ist also Benedikt auf Kuba. Er trifft Raúl Castro, vielleicht auch Bruder Fidel, liest Messen bei einem Besuch, der perfekt vorbereitet wurde. Dutzende von Dissidenten wurden im Vorfeld unter Hausarrst gestellt. Die Regierung kappte ihre Telefonanschlüsse und die Mobilverbindungen der Opposition. Die wenigen existierenden Internetverbindungen wurden sowieso gekappt. Zudem reinigte sie Havannas Stadtbild von Bettlern und Obdachlosen. In Hunderten von Betrieben in Havanna wurden in den letzten Tagen Betriebsversammlungen einberufen. Dabei forderte die Kommunistische Partei die Angestellten auf, keinesfalls weißgekleidet zur Papstmesse zu gehen. Denn die „Damas de blanco (Damen in Weiß), Angehörige der politischen Gefangenen Kubas, wollen zur abschließenden Papstmesse am Mittwoch in Havanna ebenfalls Präsenz zeigen – wenn sie die Staatssicherheit nicht vorher abfängt.
Die „Damas de blanco“ schreien auch beim Papstbesuch – allerdings vor Zorn, weil der Kirchenmann keinen Termin für sie frei hat.

Die weißen Señoras hatten den Papst um eine Audienz gebeten. Die wurde abgelehnt. Der Heilige Vater hat keine Termine frei für die kubanische Opposition, kein Ohr für den Menschenrechtsprotest. Das enttäuscht viele Kubaner zutiefst, ist aber logisch. Kirchenpolitisch logisch. Ángel Moya, ein im vergangenen Jahr entlassener politischer Häftling, bringt es glasklarauf den Punkt: „Es herrscht ein stillschweigender Pakt zwischen der katholischen Hierarchie und Kubas Regime.“ – Natürlich ist das so. Und es ist eine ganz neue Entwicklung.

Bis vor kurzem noch profilierte sich die katholische Kirche Kubas als Vorkämpferin für Menschenrechte. Der Regierung trotzte sie in den vergangenen zwei Jahren die Freilassung von mehr als 130 politischen Häftlingen ab. Und immer, wenn die staatlichen tolerierten Prügeleien gegen die Damen in Weiß zu heftig wurden, erreichte Kubas Kardinal Jaime Ortega bei Raúl Castro Mäßigung.
70 Oppositionelle wurden kurz vor dem Papstbesuch auf Hausarrest gesetzt. Ihre Angehörigen protestieren schweigend in weiß, denn noch ist farblose Kleidung kein Grund für Festnahme.

Vor zwei Wochen setzte Ortega dann zur überraschenden Kehrwende an. Nachdem Oppositionelle eine Kirche in Havanna besetzten, rief ausgerechnet der Kardinal nach Kubas Polizei. „Das war das Schlimmste, was er tun konnte“, kritisiert Menschenrechtler Sánchez. Doch es kam noch übler. Ausgerechnet Ortega, den das Regime einst wegen seines Glaubens in ein Arbeitslager eingewiesen hatte, behauptete vor wenigen Tagen, in Kuba gebe es keine politische Häftlinge mehr. Dabei zählt die Menschenrechtskommission deren 60 und vier davon wurden von Amnesty International sogar als Gewissenshäftlinge anerkannt.

Die Kirche schweigt, um die ihr gnädig bewilligten Freiräume zu schützen. Die katholische Kirche arrangiert sich mit dem Castro-Regime. Zwar reklamierte der Papst in schwammigen Formulierungen irgendeine „Erneuerung“, doch von deutlichen Worten für die Unterdrückung durch die brutale Diktatur auf Kuba war er weit entfernt. Geradezu ein Treppenwitz, wenn die (katholische) „Welt“ titelt: „Der Papst liest den Castro-Brüdern die Leviten“ – Das Gegenteil war der Fall bei der Messe in Santiago. Gerade noch zur Aufforderung an die kubanischen Bürger, „eine offene Gesellschaft aufzubauen“ hat es gereicht. Als könnten die Bürger das bewerkstelligen, ohne sofort weggesperrt zu werden wie der Messebesucher, der weggeschleppt wurde, weil er „Nieder mit dem Kommunismus“ geschrieen hatte.
Die Touristen in Kubas hermetisch abgeschottetem Urlaubsgebiet Varadero („Ferien auf Alcatraz“) bekommen nichts mit, dafür ist gesorgt.

Dissidenten werden weggesperrt und der Papst schleimt sich beim diktatorischen Regime ein. Diese Strategie hält Menschenrechtler Sánchez für grundfalsch. „Der katholische Klerus auf Kuba und auch der Vatikan räumen den Beziehungen zur Regierung Priorität ein. Sie denken, das sei der beste Weg, damit die Dinge in Kuba besser werden. Doch das große Hindernis ist die totalitäre Regierung Kubas. Sie denkt nicht im Traum daran, sich auch nur einen Millimeter zu bewegen.“ – Doch Papst Benedikt interessieren die Menschen erst in zweiter Linie. Seine Strategie nützt der katholischen Kirche. Das reicht ihm.

11 Kommentare zu “Benedikt oder Maledikt? – Feiger Papst auf Kuba

  1. almabu sagt:

    Du hast Recht, Nachtraubvogel, wie so oft! Aber trotzdem verstehe ich nicht, dass dich die Reaktion und Haltung der KK in Kuba besonders überrascht. Sie hielt es immer mit den Mächtigen. Das war und ist eines ihrer Erfolgsrezepte der letzten zweitausend Jahre, zumindest seit sie in Rom Staatsreligion wurde…

    • uhupardo sagt:

      Das wäre jetzt die Gelegenheit für die Meta-Diskussion „Warum schreibe ich einen Artikel?“, oder? Muss keineswegs uninteressant werden. 🙂 Dass mich etwas „besonders überrascht“ ist jedenfalls keine Bedingung, denn dann würden 80% aller Texte vermutlich automatisch wegfallen.

  2. petrasusan sagt:

    Ganz stimmt das nicht. Wir waren 2003 zufällig Zeuge von Massentaufen. Die ganze Kirche war rammelvoll. Das war natürlich auch nicht auf dem Land, aber auch nicht in Havanna. Ich kann mich jetzt nicht mehr daran erinnern, in welcher Stadt wir das sahen. Wir waren individuell in Kuba, war also keine Touristenveranstaltung. Und als wir damals dort waren, war die übergroße Mehrzahl der Landbevölkerung auf Seiten von Castro. Und warum? Weil sie das erste Mal Land zum bewirtschaften hatten. Unter der Vorcastroclique waren sie rechtlose Landarbeiter, die nur in den Zuckerrohrfeldern schuften durften. Die Landbevölkerung kann auch ihre angebauten Waren selbständig auf Märkten verkaufen. Wir haben die Märkte gesehen und uns mit den Menschen unterhalten. Bei der Stadtbevölkerung sieht das alles etwas anders aus. Es ist dort nicht alles schwarz-weiß. Es gibt viele unterschiedliche Grautöne. Man weiß auch nicht genau, wer die Dissidenten sind. Frau Merkel war angeblich auch eine als Agit-Prop-FDJ-Sekretärin und Gauck auch, obwohl dieser gern mit der Stasi geschwatzt hat. Ich will damit nichts beschönigen, was in Kuba abläuft, aber ganz so einfach ist es denn halt doch nicht.

    • uhupardo sagt:

      „Und als wir damals dort waren, war die übergroße Mehrzahl der Landbevölkerung auf Seiten von Castro.“

      Solche Sätze betrachte ich aus Erfahrung generell skeptisch. Man muss die Leute SEHR gut kennen, bevor sie sich trauen würden, auch nur einen negativen Satz über Castros-Regime zu sagen, weil jeder Nachbar und sogar Familienmitglieder zum „Informationsnetz“ gehören können. Das erzählt man keinem noch so kommunikativen Touristen.

      Es soll jedoch ganz generell gar nicht bestritten werden, dass es Kubaner gibt, die sehr einverstanden sind mit der Diktatur. Besonders diejenigen, die im Staatsdienst gut (relativ gut) verdienen.

  3. Öl_Schleich sagt:

    Suuper Artikel, hervorragend recheriert, überall nachprüfbare Quälen-Angaben, richtiger Qualitäts-Schmarn’alismus, völlig neutrale Berichterstattung, keinerlei BPersonen-Abwertung, und zielgenaue Hervorhebung der Gräul-Taten …

    Wieviele Kubanische Militär-Stützpunkte unterhält dieser ‚ach so böße Menschenrechts-Experte‘ auf anderen Kontinenten in anderen Ländern ?
    Geschäfts-Idee:
    Wie wärs mit einem Gefangenem-Umtausch bei Beibehaltung der Haft-Bedingungen jeweils vor Ort??
    Das heist, die Sommer-Frisch’ler aus dem GUANTANAMO- Freizeit-Camp werden in die Hochsicherheitstrakte und Käfig-Haltung (mit integiertem Hochdruck-Reinigungs-System) von Havanna verlegt und deren massakrierte und gequälte Menschenmasse darf zur Erholung in die schicke orangefarbene Guantanamo-Smokings schlüpfen.
    Natürlich mit viel Sonnenschein bei Freiland-Haltung, ärztlicher Versorgung und frisch zubereiteten veetarischen Mahlzeiten, etc.
    Abu Graip (im ehemaligen Irak) ist auch so ne idüllische Traum-Insel.
    Mal sehen – wer sich dann freut :/
    Viele Grüße an die netten Exil-Kubaner, und Geduld_Geduld: Der Liebe Jott hat den Schlüssel zum Himmel …
    .. abgebrochen!

  4. Don Furioso sagt:

    Seit Jahrhunderten ist es die Strategie der Kirche, ein symbiotisches Verhältnis mit Regierungen zu unterhalten, solange die Regierung die Pfründe der Kirche sichert.
    Das letzte Mal, dass die Kirche ehrlich für Werte wie Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit eintrat, war in den Katakomben.
    Kubas Geschichte ist wirklich traurig. Erst eine Kolonie Spaniens, dann der USA, dann Fidel Castro mit all seinen Exzessen und Errungenschaften.
    Ich hoffe, dass Kuba nach der Diktatur der Castros nicht wieder eine Kolonie der internationalen „Corporatocracy“ wird. Ich wüsste gerne mehr über das heutige Kuba. Hat jemand eine
    Buch – oder Webempfehlung, die nicht ideologisch geprägt ist?

  5. […] Papst war ja in Südamerika und sprach ausgiebig über Kindesmisshandlungen in Mexico und verbrüderte sich auf Kuba mit Raúl Castro und fiedelten gemeinsam das Lied der […]

  6. […] Artikel zum Themenkreis: * Benedikt oder Maledikt? […]

  7. Uhupardo sagt:

    Nun ist er weg. Papst heute zurückgetreten – der Nächste, bitte, und weiter im selben Trott. Nicht einmal einen Artikel wert.

    • dank sagt:

      Wenn da mal nicht Vatileaks mit reinspielt…

      Der nächste Reformer oder Bewahrer bitte. Egal.
      Jenau, alles bleibt gleich – nichts ändert sich.

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