Javier Bardem ist weder danach gefragt worden, noch hätte er es nötig gehabt, auf die politische Aktualität einzugehen, als gestern der neue James-Bond-Streifen „Skyfall“ in Madrid vorgestellt wurde. Dennoch nutzte der Schauspieler, der im neuen Streifen James Bonds Gegenspieler ist, die Gelegenheit, Rajoy und Co. gehörig die Leviten zu lesen, was in dem Kernsatz gipfelte: „So viel Arbeitslosigkeit kommt der Regierung sehr gelegen.“
Zuerst redete Javier Bardem über seine neue prestigeträchtige Rolle als Gegenspieler von Daniel Craig in „Skyfall“, dem neuen Bond-Streifen. Doch dann funktionierte er einfach eine Frage, die direkt zu seiner Filmrolle gestellt wurde, einfach um und startete einen Rundum-Schlag gegen die Madrider Regierung: „Wir müssen alle das Gesicht der Zwangsgeräumten aufsetzen. Heute wird in bestialischer Art und Weise der Sozialstaat beschnitten, dessen Aufbau uns so viel Energie und Opfer gekostet hat: Bildung, Gesundheit, der Zugang zur Kultur …“
Man merkte an dieser Stelle, dass der Interviewer unbedingt zurück wollte zum neuen 007, doch Javier Bardem war noch lange nicht fertig mit seiner Kritik und liess sich nicht unterbrechen: „Wenn man zwischen einem Dach über dem Kopf und der Kultur wählen soll, nimmt man natürlich das Dach, aber Kultur ist ebenfalls wichtg, weil sie der Meinungsbildung dient. Wir erleben gerade ein humanitäres Drama und mehr als 25 Prozent Arbeitslosigkeit. Diese Regierung hat offensichtlich keinerlei Vertrag mit dem öffentlichen und sozialen System. Die Protestbewegung hat bewiesen, dass sie würdige und sehr klare Ideen vertritt; Tausende von Menschen unterstützen das auf friedliche Art. Doch der Regierung ist dieses Echo völlig egal.“
Bonds Gegenspieler erkennt darin ein perfides System: „Die hohe Arbeitslosigkeit kommt ihnen sehr gelegen, damit die Arbeitsbedingungen möglichst schrecklich sind. Diese Regierung will die Schulden über die Bleistifte und Schulbücher in den Schulen verringern und die Banken retten, statt den Hypotheken-verschuldeten Menschen zu helfen, ihnen ein Dach über dem Kopf zu erhalten. Ich will unterstreichen, dass das nichts mit Parteifarben zu tun hat sondern mit Sensibilität! Die humanitären Probleme sind untrennbar verbunden mit der absolut fehlenden Sensibilität derer, die sie herauf beschwören und Entscheidungen treffen, die weitab jeder Realität liegen!“
Auch wenn es mit diesem Artikel direkt nichts zu tun hat, empfehlen wir Ihnen heute ausserdem die Lektüre eines Artikels, der die aktuelle Situation und Griechenlands Weg in die Diktatur beschreibt: Klick
Genau so ist das richtig, die Medien dürfen sich nicht mehr trauen einem echten Menschen auch nur noch eine einzige Frage zu stellen.
Exacto! Genial, wie Javier Bardem eine Frage, die zu seinem Film-Charakter gestellt wurde, direkt ummünzte zu einer Antwort auf die fatale Regierungspolitik Spaniens. ¡Hay que tener cojones! *chapeau, Javier Bardem*
Javier Bardem habe ich unterschaetzt .Schauspieler Schublade halt, oberflaechlich, Glamour, Kohle machen. Als ich das gestern las, dachte ich erst, ich haette mich verlesen :-).
Trotz der Ernsthaftigkeit musste ich grinsen, dass er zur richtigen Zeit den medialen Rummel genutzt hat, um eine ganz klare Botschaft an die Welt zu geben.
Ich hoffe nur , das es in der Welt auch publiziert wird, soviel ich weiss, liest man im deutschen Web nichts ueber die doch aussergewoehnliche Erklaerung zum Skyfall.
Solche Typen braucht es, mutige Menschen die ihre Popularitaet dazu nutzen, Menschen zu helfen und auf unertraegliche Situationen hinweisen .
Dies auch mal an die Richtung der Polizei, die sich ja damit herausreden, dass sie ihren Job verlieren:
Fuer einen Schauspieler sind derartige politische Statements das sichere Karriereaus .
Darum ein doppeltes Bravo.
saludos
Nur der Fairness halber der „kleine“ Unterschied: Bardem, selbst wenn das Karriereaus drohte (was wahrscheinlich übertrieben ist), könnte von seinem jetzigen Kontostand perfekt den Rest seines Lebens bestreiten, Kinder und Enkel inklusive. Der Polizist übergibt seine Familie dem sozialen Absturz und der Armut, wenn er seinen Job verliert. Eine Erklärung – keine Rechtfertigung.
Starke Aussagen. Freut mich doppelt, da ich ihn als Schauspieler sehr mag. Hatte allerdings für einen Moment gehofft, die Überschrift wäre wörtlich gemeint gewesen…
“ Hatte allerdings für einen Moment gehofft, die Überschrift wäre wörtlich gemeint gewesen…“
Diese Suggestion war, wenn man ehrlich ist, auch der publizistisch-gemeine Hintersinn dieser Überschrift. 😉 Aber seien wir mal ehrlich: Die physische Ohrfeige wäre zwar der Medien-Knaller gewesen, aber die verbale Aussage ist substanziell so viel stärker und nachhaltiger oder nicht?
Da kann man drüber streiten, aber warum entweder/oder? Beides wäre am besten gewesen.
Einem Mann ohne Eier kann man nicht in die selben treten! Soviel zu Rajoy.
Gibt es im deutschen oder spanischen eine vernünftige Übersetzung für das amerikanische „grow a pair“? 😉
¡Te hacen falta cojones!
(Das deutsche „Zeig mal Rückgrat“ ist dagegen eher lauwarme Suppe.) 😉
Hat vllt irgend einer mal den link direkt zu der aussage??? espero 😉
Liegt in Ihrem Briefkasten.
Klasse Artikel mal wieder, uhupardo ! Großes Lob und – klar – bin auch auf die Action-Pointe in der Überschrift hereingefallen, aber – Worte sind auch hier viel wichtiger als Handgreiflichkeiten – sie wirken viel härter nach oder – wie Gautama Buddha sagt: „Worte sind wie Speerspitzen – einmal losgeworfen kann man sie nicht mehr zurücknehmen.
Ha cojones, esto muchacho !
Buenos tardes – ciao –
Hier mein letzter Blogeintrag mit links zu den Vorgängern dieser Serie,
die da weitergeführt wird – „bis zum bitteren Ende“ – lg -sf
http://anyarchitectsandengineers.tumblr.com/post/34559744824/oekonomiegeschichte-vom-18-jahrhundert-bis-heute
Kaum steht „Bond“ im Titel, nimmt die Ohrfeige sofort Gestalt an, nicht wahr? 😉
Gracias, Stefan, auch für die Dokumentation.
Ein kleiner Selbstversuch bestätigt meine Befürchtung, dass das Interview im Internet durch keine mir geläufige Suchmaschine aufzufinden ist. Soviel zum Thema Zensur!
Zur Info: In Spanien hat die linksgerichtete „El País“ darüber ebenso berichtet wie Rajoys Haus-und-Hof-Zeitung „El Mundo“ und praktisch alle anderen grossen Blätter.
http://www.google.com/news?ncl=doREUaH2ZGTbRVMTt1m8r2iM3ymcM&q=javier+bardem&lr=Spanish&hl=es
Motivation für mich, weiter eifrig spanisch zu lernen, damit ich auch auf Spanisch googlen oder bingen kann.:-)
Motivation, mir Skyfall anzusehen.
Unbedingt fleissig weitermachen! Und Skyfall? Hat man nicht sowieso das Gefühl, jetzt das x-te schlechte Plagiat von Sean Connery anschauen zu sollen? http://de.statista.com/statistik/daten/studie/2066/umfrage/bester-james-bond-darsteller/
Wenn Film, dann den unglaublich guten Streifen von Javier Bardem 2004: Mar adentro (der deutsche Titel „Das Meer in mir“ ist einfach eine falsche Übersetzung).
Die PP meldet sich :
Bardem ein grosser Bösewicht , Frivolitaeten eines Millionaers mit Aufenthalt in Miami, der aber in Madrid wohnt usw usf .
Mein Rat : heult doch !
http://politica.elpais.com/politica/2012/10/31/actualidad/1351695072_943646.html
saludos
Ich zolle Herrn Bardem Respekt für sein Verhalten, auch wenn er natürlich aus der „sicheren Distanz schiesst“. für ihn und sein PR ist es eigentlich nur zuträglich sich in dieser Position kritisch zu äussern, weil ihm so Auseinandersetzung mit alltäglicher Politik und „normalsterblichen“ Problemen zugesprochen werden kann. Das ist ja durchaus legitim, schliesslich ist die mediale Durchschlagskraft einer Aussage von Javier Bardem viel grösser, als die eines Pressesprechers von sozialen Bewegung, z.b.
Mit dem Trommelfeuer, das Bardem jetzt von der Regierungspartei Spaniens bekommt, ist keineswegs sicher, dass er „aus der sicheren Distanz schiesst“.
Bardems Wahrnehmung ist doch arg selektiv. Zu Zeiten des glücklosen Zapatero gab er den grossen Schweiger. Ein Schelm, wer dabei Böses denkt!
Das mag daran liegen, dass Zapatero nicht einmal ein laues Lüftchen war, wenn man seine Regierung mit dem Orkan der Kürzungen und Streichungen von Rajoy vergleicht. Differenziert denkt er, nicht selektiv.
Zu Zapateros Zeiten haben wohl die wenigsten auf der Welt das Ausmass erkannt. „Dank“ Rajoy ( dem man nun nicht die alleinige Verantwortung uebertragen sollte ) wurde es nun fuer Jedermann und Jederfrau erkennbar, wie gross das Ausmass ist und wohin es fuehrt, und das hat nichts mit selektiver Wahrnehmung zu tun. Dieser Mann ist Mensch und Schauspieler und nicht ein Prophet oder Hellseher. Waere er das, dann haette man ihm selektive Wahrnehmung vorwerfen koennen, vorausgesetzt er haette das im Jahre 2002 gesagt.
Bardem hat zur richtigen Zeit am richtigen Ort die Realitaet benannt, und dazu fehlt dem Gros der Menschen bis heute der Mut.
saludos