Katalonien: Sofortige Rettung oder Kollaps

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Gerade noch hatten wir geschlagzeilt „Katalonien will fünf Milliarden Hilfe aus Madrid“. Gleich im ersten Absatz hiess es: „Ohne finanzielle Hilfe würde Katalonien schon im Oktober seine laufenden Verpflichtungen nicht mehr bedienen können.“ – Nun, das ist falsch, wie sich jetzt herausstellt. Die Lichter gehen schon im September aus, sollte Rajoy vorher keinen Scheck gen Nordosten schicken. Die Landesregierung in Barcelona lässt jetzt die Alarmglocken schrillen.

Wenn die angeforderten 5,023 Milliarden nicht im September kommmen, werde es „grösste Probleme geben, die unmittelbar anstehenden Zahlungen zu leisten“. Dennoch hat das Madrider Finanzministerium noch immer keinen Termin für den Geldtransfer ins Auge gefasst. Katalonien muss bis zum Jahresende allein 5,775 Milliarden an Schuldenzahlungen bedienen, davon 2,639 Milliarden an kleine Investoren. Die „Rettungs“zahlung aus Madrid reicht also nicht einmal aus, um Lieferanten und diejenigen zu bezahlen, die im sozialen und im Erziehungsbereich Leistungen beisteuern. Sie haben schon im Juli kein Geld mehr erhalten.

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Fancesc Homs, Sprecher der katalanischen Regierung, sagt dann auch ganz klar, was die massive Hilfszahlung aus Madrid eben nicht regeln wird: „Die Probleme werden weiter bestehen. Etwas anderes zu sagen, ginge an der Realität vorbei.“ – Besonders diejenigen Firmen und Gesellschaften, die im sozialen Bereich Kataloniens tätig sind und denen man schon jetzt insgesamt mehr als 100 Millionen schuldet, sind jetzt noch besorgter als vorher schon. Einige haben sich verschuldet, um Gehälter zahlen zu können. Anderen hilft die Caritas, die sich in so etwas wie eine Bank für soziale Einheiten verwandelt hat.

Sei es, wie es sei: Katalonien bekommt die Hilfe sofort oder „game over“. Das war die Nachricht des Tages. Die andere Nachricht passte gut dazu. Die Region Valencia, regiert von Rajoys Partido Popular, hat heute angekündigt, mehr Geld aus Madrid zu benötigen als bisher geplant, um „gerettet“ zu werden. Die Summe wurde um eine Milliarde auf nun 4,5 Milliarden erhöht.

Um dieses Thema geht es auch:
* Im Interview bei krisenfrei
* Von Schulden und Eseln

12 Kommentare zu “Katalonien: Sofortige Rettung oder Kollaps

  1. Monika sagt:

    Guten Morgen,

    das ist ja sehr schlecht für Kataloniene. mich wundert, dass es so ist, dass viele dieses Problem haben. Wenn ein Privatmensch so wie die Staaten wirtschaften würde, so würde dieser schon viel früher gestoppt, so dass jeder etwas davon hat. So aber wartet man bis Ultimo, bis nicht mehr viel zu retten ist.

    Viele Grüße

    Monika

  2. hurenb0ck sagt:

    Ich dachte der Norden wäre wirtschaftsstark.

  3. almabu sagt:

    Ich muss schon sagen, Nerven haben sie, die Katalanen! Sie warten eiskalt bis zum allerletzten Moment bevor sie die Hosen runterlassen und die verhasste Zentralregierung Madrid um Hilfe bitten. Mas: „Socorro, Marianísimo, ayuda me! Ahora mismo! (in Castellano vermutlich, damit sie auch sicher verstanden werden?) Rajoy: No puedo Mas!

  4. almabu sagt:

    Wir sehen hier aber auch ein supranationales Problem der EU, denn es treffen zwei Konzepte aufeinander in der Schuldenkrise. Eine EU der Nationen, mit Ländern und Zentralregierungen und Streitereien, Profilierungssucht, die in dieser Form eigentlich keine Autonomien darunter brauchte. Dies ist der gegenwärtige Missstand!

    Das Gegenkonzept und vermutlich näher am EU-Bürger wäre eine EU der Autonomien und Regionen, die eine direktere Demokratie ermöglichte und die Nationalen Regierungen überflüssig machen würde. Dazu müssten die EU-Institutionen allerdings erst einmal selbst demokratisch legitimiert werden.

    Nur das zweite Konzept, mit mehr demokratischer Kompetenz bei der EU, würde dem Euro meines Erachtens das Überleben sichern.

    • uhupardo sagt:

      „Das Gegenkonzept und vermutlich näher am EU-Bürger wäre eine EU der Autonomien und Regionen, die eine direktere Demokratie ermöglichte und die Nationalen Regierungen überflüssig machen würde. Dazu müssten die EU-Institutionen allerdings erst einmal selbst demokratisch legitimiert werden.
      Nur das zweite Konzept, mit mehr demokratischer Kompetenz bei der EU, würde dem Euro meines Erachtens das Überleben sichern.“

      Da fehlt der Link zum entsprechendnen Artikel, almabu! Ob der Euro dadurch gerettet würde oder nicht, diese alberne Währung, ist nicht der entscheidende Punkt – aber in jedem Fall geht das Konzept an sich in die richtige Richtung. Es braucht grössere UND kleine Entscheidungsgremien als wir sie heute haben.

      Der Schritt hin zu einem vereinigten Europa kann nur richtig sein. Die Frage ist nur, wie man das macht. Wenn die Regionen der heute existierenden Staaten diese Vereinigung bilden, wäre für Beides gesorgt.

  5. […] viaKatalonien: Sofortige Rettung oder Kollaps « uhupardo. Share| August 31, 2012 at 11:20 am by admin Category: Spanien […]

  6. mitwisser sagt:

    Landauf, landab sitzt man ja auf einem Berg von Rechnungen mit diesen in Spanien üblichen absurden Zahlungszielen von teils mehreren Quartalen. Da steckt schon eine gewaltige Summe drin, die man vor sich her rollt. Aber selbst diese versteckten (aufgezwungenen) Kredite schafft man nicht mehr rechtzeitig zu bedienen. Ein erheblicher Teil der 5 Mrd. wird schon für die überfälligen Rechnungen drauf gehen. Worauf hofft man denn eigentlich in Katalonien als auch anderswo? Das Spiel ist doch schon länger aus.

    • uhupardo sagt:

      „Worauf hofft man denn eigentlich in Katalonien als auch anderswo? Das Spiel ist doch schon länger aus.“

      Das ist eben der Punkt, ab dem man den Blickwinkel ändern kann und wohl auch sollte. „Das Spiel ist doch schon länger aus.“ – Eben. Ist es. Deswegen weicht Besorgnis dem Kabarett, wenn man es erst einmal begriffen hat. Es lohnt sich nicht mehr, jeden Tag mit der zerfurchten Stirn aufzustehen und zu hoffen, dass es doch noch irgendwie gut geht. Wird es nicht. Kann es nicht. Weder in Katalonien noch anderswo.

      Schmerzfreie Lösunge sind ausverkauft. Jeder ist gut beraten, keine gedankliche Kraft mehr in die „Rettung“ zu investieren sondern sich ausschliesslich um zwei Dinge Gedanken zu machen: 1. Wie bereite ich mich und meine Familie (Freunde und Bekannte) bestmöglich auf einen Crash vor, so weit das möglich ist. und 2. Wie kann ein System danach aussehen.

      Alles andere ist inzwischen verschenkte Kraft und Zeit.

  7. Johannes Eber sagt:

    Arbeitgeberpräsident „Dieter Hundt“ sagt, ich zitiere: „beeindruckt bin ich, mit welcher Entschlossenheit Spanien seine Konsolidierungs- und Reformaufgaben angepackt hat. Wer in diesem Zusammenhang von reformunwilligen Südstaaten rede, führe in die Irre“. Dann soll doch „Dieter Hundt“ sachlich darlegen, wer für die Target2-Salden (Stand: 728 Milliarden Euro bis Juni 2012) aufkommen soll, mit den die deutschen Exporte in die südlichen Eurostaaten von der Deutschen Bundesbank über die EZB bezahlt wurden.

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